Unbekannter Bovist. Ein Versuch

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Mycelio
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von Mycelio » Sonntag, 01. August 2021 00:10

malda hat geschrieben: Samstag, 31. Juli 2021 17:55
Mycelio hat geschrieben: Freitag, 30. Juli 2021 22:33 Jedenfalls habe ich mich vorgestern und gestern abends aufs Rad geschwungen und frühere Fundorte abgeklappert. Ganz zum Schluß fand ich dann in einem Wäldchen im Volkspark Prenzlauer Berg einen ganz kleinen mit 5 oder 6 cm Durchmesser.
daraus schließe ich, dass der Riesenbovist sehr standorttreu ist? Trotzdem erstaunlich - Du gehst gezielt auf Suche nach einem Pilz der nun wirklich nicht so oft zu finden ist und bringst ihn mit nach Hause. :shock:
Zumindest habe ich in den letzten zehn Jahren Riesenboviste immer wieder an den gleichen Stellen entdeckt. Und wenn die Pilze so groß werden, muss das unterirdische Myzel auch eine entsprechende Größe aufweisen und wird nicht so schnell hops gehen. Hier in Berlin sehe sie oft ab Hochsommer in Parks, sofern es mal ordentlich regnet und eigentlich immer an Stellen, die als Toilette benutzt werden. Leider werden sie selten groß, weil sie immer wieder diesen teuflischen Kindern zum Opfer fallen, die alles herumkicken müssen, was rund ist...

malda hat geschrieben: Samstag, 31. Juli 2021 17:55
Mycelio hat geschrieben: Freitag, 30. Juli 2021 22:33 Da meine Agarmischung auch für den Nelkenschwindling zum Einsatz kommt, habe ich vorsichtshalber darauf verzichtet und esse die Reste lieber selbst.
Das der Riesenbovist viel Stickstoff mag hatte ich schon auf Shroomery gelesen (Beitrag von Sporulator) - bin gespannt auf Bilder von Dir. Und den Stickstoff-reichen Agar hast Du auch für den Nelkenschwindling verwendet und der mag das?
Bisher sind da nur Sporen drauf. Myzel werde ich erst nächste Woche drauf bringen. Ob's klappt, wird sich zeigen.
Hier meine kleinen, pelzigen Riesenboviste:
IMG_20210731_193623.jpg
Das sind diesmal kleine Petrischalen. Ich habe keine Lust mehr, für lahme Myzelien so viel Platz zu verschwenden.

Deine Idee mit dem vorgekauten Substrat finde ich auch gut. Bloß scheinst du da ja echt einen harten Milky Mushroom zu haben. Der, den ich mal hatte, hätte das nicht überlebt. Neben dem Reisstrohpilz fällt mir noch der brasilianische Mandelegerling ein. Der rosa Seitling könnte auch in Frage kommen, der ist ja auch ne tropische Art. Wenn dir ein mehrmaliges hin und her zwischen Tiefkühler und Kühlschrank (da würde er zwar auftauen, könnte sich aber nicht so schnell erholen) zu mühsam ist, wie wäre es dann mit ein paar Minuten bei 60°C? Das sollte ausreichen und kein Thiamin zerstören.
LG
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malda
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von malda » Sonntag, 01. August 2021 13:08

Mycelio hat geschrieben: Sonntag, 01. August 2021 00:10 Wenn dir ein mehrmaliges hin und her zwischen Tiefkühler und Kühlschrank (da würde er zwar auftauen, könnte sich aber nicht so schnell erholen) zu mühsam ist, wie wäre es dann mit ein paar Minuten bei 60°C? Das sollte ausreichen und kein Thiamin zerstören.
LG
Ja, das ist natürlich eine Alternative. Aber glaubst du mit ein paar Minuten ist es getan? Das kann ich mir schwer vorstellen. Und welchen Pilz nehmen? Gibt es da besonders geeignete/ empfindliche bzw. ungeeignete Pilze? Ungeeignete wären sicher Kandidaten, die schnell irgendwelche Dauerstadien ausbilden - gibt es die? Welche Pilze tun dies, welche nicht? Tun sie es überhaupt? Da fehlt mir dann doch etwas mykologisches Grundwissen... Viele Fragen, viele Unbekannte - das lässt mich zögern. :roll:
VG
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mariapilz
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von mariapilz » Montag, 02. August 2021 12:43

malda hat geschrieben: Samstag, 31. Juli 2021 17:55 Und da bin ich eigentlich zu genau dem Schluss gekommen den wir ja hier weiter oben auch schon hatten: Pilz sollte eigentlich Pilz beim Wachstum unterstützen.
Weiter sollte es ja nicht unbedingt der gleiche Pilz sein muss, denn so unterschiedlich werden Pilze schon nicht sein. Insbesondere die fundamentalen lebensnotwendigen Vitamine/Metabolite sollten mehr oder weniger in jedem Pilz vorhanden sein.
hmm. Das Substrat mit 2 pilzen impfen? Ich meine... ich weiß, dass sich beispielsweise ein shii und ein ks gegenseitig "abgrenzen" und nicht miteinander "verwachsen" oder überwachsen. Wir wissen aber auch, dass ein pleurotus gerne mal eine Grünschimmel-Konti frisst...
oder... vielleicht eine Morchel, die das substrat schnell besiedelt und eher dünn wächst, wenn es nicht zu nährstoffreich ist und sie bildet sicher (oder doch? :mrgreen: )keine Fruchtkörper.

oder: den braunen Saft eines reifen shii blocks mit einer spritze abziehen. Ich schätze so 20 ml kommen da schon zusammen. Jedoch kenne ich nicht die Zusammensetzung dieses saftes. Ich habe nur mal irgendwo gelesen dass er antibakteriell sein soll...

Gruß maria
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von malda » Dienstag, 03. August 2021 06:25

mariapilz hat geschrieben: Montag, 02. August 2021 12:43 hmm. Das Substrat mit 2 pilzen impfen? Ich meine... ich weiß, dass sich beispielsweise ein shii und ein ks gegenseitig "abgrenzen" und nicht miteinander "verwachsen" oder überwachsen.
Ja, schon 2 Pilze aber eben nicht 2 lebende parallel, der 1. ist ja schon hops (also sollte) oder kurz vor hops bevor der zweite beimpft wird. Also man muss den ersten Pilz irgendwie schonend und steril killen. Ach, (*seufz*) Kühlschrank wäre so elegant gewesen.... war aber halt nur ne Idee.
VG
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von mariapilz » Dienstag, 03. August 2021 12:47

Ja, ich habe schon verstanden, dass du einen tot haben willst... ich dachte mir halt... Beide könnten leben... War auch nur eine Idee :D
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Zitronenfalltür
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von Zitronenfalltür » Dienstag, 03. August 2021 14:33

Interessante Ideen.

Wie wäre es, aus dem Mycel eine Nährlösung zu machen, und durch Mikrofiltration zu sterilisieren?
Wie reagieren Pilze eigentlich auf UVC Strahlung?

Hab hier noch filtrierte und eingefrorene "Suppe" aus dem Bovist. Möchte die wer haben?
Zumindest habe ich in den letzten zehn Jahren Riesenboviste immer wieder an den gleichen Stellen entdeckt.
Erinnere mich noch ganz schwach an meine Grundschulzeit. Da gab es eine Stelle, wo der auch über Jahre wuchs.
Einmal dürft ihr raten, was die Kids damit gemacht haben...

Grüße, Markus.
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von Mycelio » Freitag, 06. August 2021 20:48

Ein paar Fotos zwischendurch...
Mein Nährboden scheint nicht gänzlich ungeeignet zu sein. Eine Woche nach dem Klonen hat das Myzel so 3 - 4mm auf dem Agar zurückgelegt. Bei den größeren Pilzstücken ist es auch genauso weit in die Luft gewachsen. Die folgenden Fotos sind vom kleinsten Stück (ca. 3 x 4mm). Leider ist das Myzel nicht fotogen. Scheinbar wächst es auch lieber im Agar als oben drauf.
IMG_20210806_195434.jpg
Schräg beleuchtet kann man das dünne Oberflächenmyzel wenigstens ein wenig erkennen:
IMG_20210806_195718.jpg
Momentan sieht es nach einem Millimeter pro Tag aus. Da ich aber mal wieder frisch gegossenen Agar beimpft habe und sich rings um die Klonstücke Pfützen gebildet haben, welche das Myzel erstmal durchqueren musste, sollte man wohl besser noch keine Vergleiche anstellen. Mal sehen, wie es weiter geht.

Dietmar, ich hatte leider neulich beim Thema "60°C" deine Frage nach der Zeit übersehen. Ein paar Minuten sollten bei Petrischalen ausreichen, bei Substratgläsern wird es sicher länger dauern, bis sie komplett aufgeheizt sind.
LG
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von malda » Samstag, 07. August 2021 10:51

Mycelio hat geschrieben: Freitag, 06. August 2021 20:48
Dietmar, ich hatte leider neulich beim Thema "60°C" deine Frage nach der Zeit übersehen. Ein paar Minuten sollten bei Petrischalen ausreichen, bei Substratgläsern wird es sicher länger dauern, bis sie komplett aufgeheizt sind.
LG
Das werde ich mir mal ansehen/ausprobieren. Aber jetzt will ich erstmal schauen in wie weit Thiamin alleine denn für meine "Problem-Pilze" (Maipilz, Glucke, Nelkenschwindling, Riesenbovist) auf Agar hilfreich ist.
VG
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von malda » Dienstag, 24. August 2021 21:06

Leider hatte ich in letzter Zeit etwas Konti-Probleme, so dass mein Thiamin-Versuch mit dem Riesenbovist etwas beeinträchtigt war (und nicht vorzeigbar ist), was man aber sagen kann ist, dass bei meinem Versuch Thiamin (bzw. eine Sammlung an B-Vitaminen) keine besondere Wachstumsverbesserung im Vergleich zur Kontrolle brachte...
Das bisher beste Medium für den Riesenbovist scheint bei mir MEA mit 0,5% Bierhefe zu sein – keine Ahnung was der Pilz braucht um schneller zu wachsen :? … aber schneller wachsen müsste er eigentlich schon können insbesondere, wenn ich daran denke wie schnell die Hyphen zu Beginn aus dem Pilzstück heraus wuchsen.
VG
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von Mycelio » Dienstag, 24. August 2021 22:04

Schade, bei mir zuckelt er auch gemütlich mit 1mm/d über den Agar.
Harry II (Tukker) hatte doch mal ne Konti mit schwarzem Schimmel beschrieben, durch die das Myzel schneller wurde.
LG
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von Mycelio » Donnerstag, 26. August 2021 21:50

Nochmal zu den Nährstoffen:
Dietmar, wieviel Thiamin hattest du denn jetzt im Agar, ca. 100mg pro Liter oder pro 100ml?
Habe gerade nochmal die "Vitamin Requirements" von 1961 durchforstet und bin da auf 100μg/l gestoßen.
Verwirrend. :(
Bei einem ihrer Versuche hatten sie zu 0,5% Hefeextrakt noch 0,5% Pepton verwendet. Ohne Pepton fiel ihr Myzelwachstum je nach Pilzstamm auf die Hälfte bis auf ein Sechstel des vorherigen Wertes. Leider geht es da um Myzelzuwachs in flüssiger Nährlösung, was wir nicht mit der Geschwindigkeit auf Agar vergleichen können und ihr Medium war ansonsten vitaminfrei. Am Ende spekulieren die Autoren dann, ob es an Vitaminen oder anderen unbekannten Stoffen liegt...
Noch mehr Hefe hattest du schon versucht, oder?

Ich teste jetzt mal die gezielte Kontamination mit schwarzem Schimmel. Dafür hatte ich eine kontaminierte Seitlingspetri in der Quarantänebox gelassen, bei der außen unter dem Parafilm kleine schwarze Klumpen aufgetaucht waren, nachdem sie längere Zeit in einer unbelüfteten Box stand. Vorhin habe ich mit der Impföse ein wenig vom schwarzem Pulver in einer Riesenbovistpetri am äußeren Myzelrand in den Agar gedrückt. Mal sehen, ob etwas passiert. Hoffentlich war da kein Austernmyzel mit dabei... :lol:
Ansonsten kann ich von draußen herumliegendem Holz und alten Schilfmatten noch schwarzes Pulver abschaben.
Wenn beides keinen Effekt hat, werde ich wohl Schimmelmyzel züchten müssen.
LG
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von malda » Freitag, 27. August 2021 14:59

Meine Thiamin Konzentration lag bei ca 100 mg/l also 1000 mal mehr als in der Publikation :oops: . Naja, geschadet hat's immerhin auch nicht.
Zusätzlich Pepton klingt gut - hab ich aber nicht. Mal schauen welche Alternative man da verwenden könnte. Mehr Bierhefe klingt auch gut, hab ich bisher auch noch nicht getestet.
Beim Schwarzschimmel bin ich skeptisch. Ich denke eher, dass das Myzel ohne den Schwarzschimmel auch irgendwann durchgestartet wäre. Vielleicht ist das eine Art endgültige Umstellung auf vegetatives wachsen? Bin auf all Fälle sehr gespannt auf deine Schimmel Ergebnisse.
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von Mycelio » Freitag, 27. August 2021 16:13

Momentan frage ich mich, wieviele Arten von schwarzem Schimmel es wohl gibt.
...und ob ich mir später Karotten kaufe und sie ein paar Tage in Plastik lagere.

An die Umstellung auf vegetatives Wachstum hatte ich bisher so nicht gedacht, wobei ich das, was wir sehen schon für ein gebremstes vegetatives Wachstum halte.
Beim Schimmel denke ich einerseits an stimulierende Stoffe, andererseits an eine Kooperation. In der Natur muss der Riesenbovist jedenfalls mit anderen Organismen zusammenarbeiten, z.B. braucht er beim Zelluloseabbau Organismen, die die langen Zellulosemoleküle zu Cellobiose zerhacken können, damit er letztere verwerten kann. Außer Strahlenbakterien kommen dafür nur Schimmelarten in Frage.
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von Mycelio » Montag, 20. September 2021 00:30

Der erste Versuch mit der gezielten Kontamination ist schiefgegangen. Seht selbst:
IMG_20210920_011458.jpg
IMG_20210920_011640.jpg
Was auch immer dieser dunkelbraune Schimmel für eine Art ist, er löst beim Riesenbovist keine Reaktion aus.
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Re: Unbekannter Bovist. Ein Versuch

Beitrag von Zitronenfalltür » Montag, 20. September 2021 14:53

Wär vermutlich auch ein Zufall, wenn's genau der richtige ist.
Viel Erfolg weiterhin.
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