Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
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Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
Ich stelle heute mal eine mykologische Grundfrage, die mich schon das ein oder andere mal beschäftigt hat und die ich an dem Bild ganz gut erläutern kann. Bei dem Buchenstämmchen sieht man ganz schön wie das Wachstum aus den Dübeln heraus durch das Holz stattgefunden hat und Mycel an der Stirnseite austritt. Noch sind die vier Mycelflecken (von 4 Dübeln) voneinander getrennt, aber spätestens, wenn das Holz mal in Erde steckt werden die sich vermutlich vereinigen und und einen einzigen Pilz bilden.
Und genau hier kommen mir verschiedene Fragen, auf die ich keine Antwort weiss:
Beim Stockschwämmchen wird innerehalb der Art von Sorten/Stämmen gesprochen (zumindest in älteren Veröffentlichungen) und diesen Sorten/Stämmen werden auch gewisse Charaktereigenschaften nachgesagt (u.a Form und Größe des Fruchtkörpers, Zeitpunkt des Fruchtes). Was wäre nun, wenn ich das Baumstämmchen mit 4 verschiedenen Sorten/Stämmen eines Pilzes beimpft hätte? Bilden die dann auch einen einzigen Pilz? Wenn ja, welche Eigenschaften hat dieses neue "Gesamtkonstrukt"? => ganz neue?
Sind Pilze in der Natur vielleicht immer ein "Fusions-Gemisch" mehrerer/vieler unterschiedlicher dikaryotischer Mycelien?
Und genau hier kommen mir verschiedene Fragen, auf die ich keine Antwort weiss:
Beim Stockschwämmchen wird innerehalb der Art von Sorten/Stämmen gesprochen (zumindest in älteren Veröffentlichungen) und diesen Sorten/Stämmen werden auch gewisse Charaktereigenschaften nachgesagt (u.a Form und Größe des Fruchtkörpers, Zeitpunkt des Fruchtes). Was wäre nun, wenn ich das Baumstämmchen mit 4 verschiedenen Sorten/Stämmen eines Pilzes beimpft hätte? Bilden die dann auch einen einzigen Pilz? Wenn ja, welche Eigenschaften hat dieses neue "Gesamtkonstrukt"? => ganz neue?
Sind Pilze in der Natur vielleicht immer ein "Fusions-Gemisch" mehrerer/vieler unterschiedlicher dikaryotischer Mycelien?
Re: Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
Leider nein und nein. Zumindest was die üblichen Pilze betrifft. Dikaryote Myzelien kreuzen sich nicht untereinander. Allerdings monokaryote Myzelien untereinander oder monokaryotes mit dikaryotem Myzel.
Re: Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
Wenn unterschiedliche "Individuen" aufeinandertreffen, sieht man meist sowas wie eine Abgrenzung. Soll heißen die verbinden sich nicht.
Mating findet, wie ABMKoch schon angedeutet hat, bei monokaryoten/haploiden Myzelien statt, und auch nur dann wenn die Mating-Types zusammen passen.
Ich vermute mal dass es bei den Pilzen eine Entsprechung zum humanen Major Histocompatibility Complex geben wird, wodurch sie eigenes Myzel von fremdem unterscheiden könne. K.a. ob dazu schon bekannt ist, wie das funktioniert. Habe jetzt auf die schnelle nix gefunden.
Edit:
Hab doch was gefunden:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2988816/
Mating findet, wie ABMKoch schon angedeutet hat, bei monokaryoten/haploiden Myzelien statt, und auch nur dann wenn die Mating-Types zusammen passen.
Ich vermute mal dass es bei den Pilzen eine Entsprechung zum humanen Major Histocompatibility Complex geben wird, wodurch sie eigenes Myzel von fremdem unterscheiden könne. K.a. ob dazu schon bekannt ist, wie das funktioniert. Habe jetzt auf die schnelle nix gefunden.
Edit:
Hab doch was gefunden:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2988816/
Re: Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
Danke und Danke und schade eigentlich. Eure Antworten waren ja eigentlich abzusehen, wenn ich länger drüber nachdenke,... wenn Pilze schon bei der Bildung des Dikaryons beliebig komplex sein können, dann fusionieren diese auch nicht x-beliebig... 

Re: Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
Nicht das ich ABMkoch und ohkw nicht glaube, aber da ich inzwischen verschiedene Stockschwämmchen Stämme (Strains) habe, dachte ich, ich kann mir das ganze ja mal auf Agar anschauen, wenn 2 verschiedene Stämme aufeinander stoßen.
Oben zwei Agarstückchen von Stamm A und unten 2 Stückchen von Stamm B. Während die beiden Stücke eines Stammes schön ineinander wachsen bildet sich zwischen A und B ein Strich, quasi wie eine Wand zwischen den beiden Stämmen... was da wohl vor sich geht?
Oben zwei Agarstückchen von Stamm A und unten 2 Stückchen von Stamm B. Während die beiden Stücke eines Stammes schön ineinander wachsen bildet sich zwischen A und B ein Strich, quasi wie eine Wand zwischen den beiden Stämmen... was da wohl vor sich geht?
Re: Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
oh geil. super Foto malda!
Hier im forum... Sehr alter tread... schwirrt ein Foto herum... Auf einem Block wachsen 2 verschiedene Pilze (Fruchtkörper)... ich glaube es war ein Igel und eine Auster
Hier im forum... Sehr alter tread... schwirrt ein Foto herum... Auf einem Block wachsen 2 verschiedene Pilze (Fruchtkörper)... ich glaube es war ein Igel und eine Auster
Re: Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
Wenn wir schon bei der Theorie sind hätte ich da auch noch eine mykologische Frage die hier rein passt und die mir Rätsel aufgibt.
Relativ klar ist, dass unterschiedliche Stämme/Strains nicht miteinander kompatibel sind. Die einzelnen (genetisch Unterschiedlichen) Individuen einer Multisporer-Kultur scheinen aber noch so ähnlich zu sein, dass diese Inkompatibilität noch nicht ausgeprägt ist. So eine Multisporer-Kultur ist ja eine Kultur aus zig genetisch unterschiedlichen Individuen (wenn auch recht ähnlichen) – die vermutlich auch miteinander verschmelzen. Was aber nun, wenn so eine Multisporer-Kultur fruchtet? Ein Fruchtkörper, so mein bisheriger Glaube, ist ein genetisches Individuum (jede Zelle des Fruchtkörpers hat die gleiche genetische Ausstattung), nur wie bildet sich aus einer Kolonie unzähliger unterschiedlicher Individuen dieser eine Fruchtkörper? Nimmt die komplette Fruchtkörperbildung seinen Ursprung an einer einzigen Hyphe und ist der Fruchtkörper somit ein Klon dieser einzelnen Hyphe?

Relativ klar ist, dass unterschiedliche Stämme/Strains nicht miteinander kompatibel sind. Die einzelnen (genetisch Unterschiedlichen) Individuen einer Multisporer-Kultur scheinen aber noch so ähnlich zu sein, dass diese Inkompatibilität noch nicht ausgeprägt ist. So eine Multisporer-Kultur ist ja eine Kultur aus zig genetisch unterschiedlichen Individuen (wenn auch recht ähnlichen) – die vermutlich auch miteinander verschmelzen. Was aber nun, wenn so eine Multisporer-Kultur fruchtet? Ein Fruchtkörper, so mein bisheriger Glaube, ist ein genetisches Individuum (jede Zelle des Fruchtkörpers hat die gleiche genetische Ausstattung), nur wie bildet sich aus einer Kolonie unzähliger unterschiedlicher Individuen dieser eine Fruchtkörper? Nimmt die komplette Fruchtkörperbildung seinen Ursprung an einer einzigen Hyphe und ist der Fruchtkörper somit ein Klon dieser einzelnen Hyphe?

Re: Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
Die Stämme die du hier eingesetzt hast sollten ja Dikaryons sein. Wenn ich das richtig verstanden habe findet Mating normalerweise nur zwischen Monokaryons statt.
Wenn du mit einem deiner Stämme eine Kultur anlegst sollten also alle Zellen des Myzels sowie Fruchtkörper die selben zwei Chromosomensätze aufweisen. Erst wenn Sporen gebildet werden findet eine Rekombination der Chromosomensätze statt und individuell unterschiedliche Sporen entstehen. Aus den Sporen keimt erst monokaryotisches Myzel mit nur einem Chromosomensatz. Durch Kontakt mit einem kompatiblen Mating-Partner entsteht dann wieder dikaryotisches Myzel.
Wie ich aber gerade gesehen hab ist es nicht ganz so einfach:
Offenbar findet nur für einen Teil der Sporen Meiose statt und es entstehen auch diploide Sporen aus denen gleich wieder dikaryotisches Myzel wächst. Zumindest hier für Champignon illustriert:
https://www.researchgate.net/figure/Typ ... _254833267
Wenn du mit einem deiner Stämme eine Kultur anlegst sollten also alle Zellen des Myzels sowie Fruchtkörper die selben zwei Chromosomensätze aufweisen. Erst wenn Sporen gebildet werden findet eine Rekombination der Chromosomensätze statt und individuell unterschiedliche Sporen entstehen. Aus den Sporen keimt erst monokaryotisches Myzel mit nur einem Chromosomensatz. Durch Kontakt mit einem kompatiblen Mating-Partner entsteht dann wieder dikaryotisches Myzel.
Wie ich aber gerade gesehen hab ist es nicht ganz so einfach:
Offenbar findet nur für einen Teil der Sporen Meiose statt und es entstehen auch diploide Sporen aus denen gleich wieder dikaryotisches Myzel wächst. Zumindest hier für Champignon illustriert:
https://www.researchgate.net/figure/Typ ... _254833267
Re: Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
Ok, geht klar, dikaryotische unterschiedliche Stämme/Strains kann ich nicht paaren.
Aber meine Frage geht eher in die Richtung was passiert eigentlich bei einem Sporenabdruck eines einzelnen Fruchtkörpers, den ich zum keimen bringe (das meine ich mit Multisporer-Kultur). Hier bilden sich doch viele genetisch unterschiedliche Individuen (Dikaryons), die sich miteinander vertragen. Ich gehe auch davon aus, dass diese Individuen (Dikaryons) miteinander fusionieren (Anastomose) oder? Meine Vermutung wäre, dass sie das können weil sie halt so nah verwandt sind. Alles andere kann ich mir schon gar nicht vorstellen....
Aber meine Frage geht eher in die Richtung was passiert eigentlich bei einem Sporenabdruck eines einzelnen Fruchtkörpers, den ich zum keimen bringe (das meine ich mit Multisporer-Kultur). Hier bilden sich doch viele genetisch unterschiedliche Individuen (Dikaryons), die sich miteinander vertragen. Ich gehe auch davon aus, dass diese Individuen (Dikaryons) miteinander fusionieren (Anastomose) oder? Meine Vermutung wäre, dass sie das können weil sie halt so nah verwandt sind. Alles andere kann ich mir schon gar nicht vorstellen....

Re: Mykologische Frage zu "Pilzsorten/Stämmen"
Nein, ich denke da setzen sich einfach ein paar durch. Du hast dann eine Mischkultur aus ein paar unterschiedlichen Individuen.