Morchelzucht.... und so gehts

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Das-Pilzimperium
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Morchelzucht.... und so gehts

Beitrag von Das-Pilzimperium » Freitag, 13. Juni 2008 15:09

Schritt 1.


Morcheln wachsen in den Wäldern. Typischerweise im zeitigen Frühjahr. Sie werden sehr leicht übersehen, daher sehen Sie daher sehr genau nach, insbesondere in den Winkeln gefallener Bäume, bei dickem Blattwerk und in Zonen in denen es kürzlich einen Waldbrand gegeben hat.




Schritt 2.

Halten Sie die Morcheln so frisch wie möglich indem Sie sie in eine Tasche oder KühlBox geben und stellen Sie sie sofort in den Kühlschrank wenn Sie zuhause angekommen sind.

Schritt 3.


In einem sauberen Bereich (bevorzugt unter dem Luftstrom eines HEPA (Hoch Effizienter Partikel Luftfilter = Reinraumfilter) biegen Sie eine Hitze/Alkohol-Lampen-sterilisierte Büroklammer auf und spiessen Sie daran den Stiel eines gesund-aussehenden Pilzes auf.



Schritt 4.


Hängen Sie nun den Pilz an dieser Büroklammer über einer frisch-hergestellten Petrischale auf. Petrischalen, Agar-Mischungen und Agar-Zubereitung-Anleitungen können von Mushroompeople bestellt werden auf deren Agar-Seite.





Schritt 5.


Lassen Sie nun die Morchel ihre Sporen direkt auf die Petrischale fallen indem Sie sie vorsichtig mit Ihren Händen "durcharbeiten". Wenn Sie dabei keine Sporen fallen sehen lassen Sie den Pilz für einige Zeit über dem Agar hängen.(Entscheidend ist wie lange: zu kurz=keineSporen zu lang=kontamination , tz)




Schritt 6.


Schließen und versiegeln Sie nun die Petrischale und lagern sie bei ca. 13-27 Grad Celsius. Sie können sie auch umdrehen um die Bildung von Tau auf dem Deckel der Petrischale zu verhindern. Nach wenigen Stunden bis einigen Tagen beginnen die Sporen Auszugkeimen auf dem Agar...



Schritt 7.


Die Strähnen bilden mit der Zeit ein regelrechtes Netzwerk und wachsen kräftig und breiten sich über die ganze Platte aus. Um schnelles Wachstum aufrecht zu erhalten -wenn wir auf neues Medium Überträgen ist der wichtigste Teil an den äußeren Bereichen zu finden wo sich die dünnen Strängen ja auch am schnellsten weiter ausbreiten -sozusagen die Wachtumsfront


Schritt 8.


Sobald die Schale völlig-zugewachsen ist können Sie entweder Bereiche auf frische Platten übertragen (und die Kultur damit (-theoretisch!, tz) bis ins Unendliche vermehren) - oder Körnerbrut herstellen indem Sie Bereiche aus der Schale mit einem sterilisierten (Alkohol/ Hitze behandelten) Rasiermesser herausschneiden und (steril!, tz) übertragen . Nach jedem Transfer das RasiereMesser neu sterilisieren!




Schritt 9.


ein gutes Körner-Medium ist Roggen- es geht auch mit Raps, Hanf-Samen, Vogelfutter und Reis. Bedecken Sie solche Körner mit Wasser und lassen sie 24 Stunden einweichen.




Schritt 10.


Wasser ablaufen lassen und mit Blumenerde mischen (1 Teil Blumenerde auf 5 Teile Körner. Zwei Tassen dieses Mediums geben Sie in ein 1 Liter-Glas (Sorry, die Fotos hier zeigen alle 1/2 Liter-Gläser!)







Schritt 11.


Geben Sie eine Filterscheibe drüber und einen Ring und sterilisieren sie für 1 Stunde bei 121 Grad Celsius / =1 Bar Überdruck in einem Autoklaven.






Schritt 12.


Reinigen Sie die Arbeitsoberfläche mit 5% Chlor-Bleichlauge und verwenden Sie wenn möglich einen HEPA. Entfernen Sie die Filterscheibe von dem Glas und geben Sie zugig kleine Stücke des Agars mit dem kultivierten Mycelium (übertragen mit einem flammen-sterilisierten Skalpell. Die Filterscheiben wieder auflegen. Die Filterscheiben lose mit Alufolie bedecken um ein Austrocknen der Kultur zu verhindern. Nach jeder Übertragung das Skalpell sterilisieren!




Schritt 13.


Das Glas gut durchschütteln um das Mycelium gut zu verteilen. Stellen Sie das Glas in einen dunklen Raum mit ca. 20 Grad Celius für ca. 4-6 Wochen. Gutes Wachstum zeigt sich durch weiße Strähnen die durch das Medium wachsen. Nach ca. 5 Wochen bilden sich kleine weiße bis rostfarbene Klümpchen (Sklerotien)

Schritt 14.


Wenn die Sklerotien in den Gläsern sichtbar werden bereiten Sie saubere Schüsseln vor in die die Mischung für die Fruchtkörperbildung ueberfuehrt werden. Schaffen Sie einen AnsuchtRaum in dem Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Beleuchtung und gefilterte Frischluftzufuhr präzise kontrolliert werden können. Der "Pilzzüchter" von Stamets und Chilton hat exzellente Ideen für solche Anzuchtraeume.





Schritt 15.


Bereiten Sie eine Substratmischung für die Fruchtkoerperbildung bestehend aus 20% Sand, 30% Blumenerde und 50% organischem Material (=zusammengesetzt aus 80% feinen Hartholzschnitzeln (Esche, Eiche, Ahorn, Buche, Ulme, Apfel etc.), 10% Reis-Schalen (meint er Reis-Kleie??? wenn keine Reisschale gibt sollte es Weizenkleie auch tun!!, tz), 5% Sojabohnenmehl, 5% Torf und eine kleine Menge Kalk zur Einstellung des pH auf 7.1-7.3). Gut mischen.


Schritt 16.


Eine autoklavierbare z.B. Alu- oder Plastikschale (jeweils ggfs. mit vielen Drainage-Leochern versehen... und mit den ca.-Maßen: 23.5 x 23.5 x 6.3 cm besorgen und darin das Substrat 5 cm hoch auffüllen.



Schritt 17.

Dieses Substrat vollständig mit Wasser sättigen und Wasser anschließend auch wieder vollständig abfließen lassen. Fülle einen zweiten -identischen- Behälter mit eingeweichtem Roggen (der zuvor in Wasser eingeweicht wurde und aus dem das Wasser auch wieder vollständig abgelaufen ist) ca. 1.2-2.5 cm hoch auf. Stellen Sie die Substratschale in die Roggenschale sodass der Boden der Substratschale auf dem Roggenkörnern ruht. Stellen Sie die so präparierten Schalen in einen autoklavierbaren Beutel (zb. Polypropylenfolie oder Bratfolienschlauch = Polyamid = Nylon) mit einem Stopfen verschlossen und wieder bei 121 Grad Celsius sterilisieren -für mind. eine Stunde.






Schritt 18.

In einem sauberen (verwenden Sie 5% Chlorbleichlauge zum Vorreinigen) Bereich (HEPA wird empfohlen...) öffnen Sie den abgekühlten Substratbeutel und mischen mit einem flammensterilisierten Löffel ca. 1/2 Tasse von der vorbereiteten Körnerbrut in dieses Substrat ein -. Beutel wieder verschließen und an einem dunklen Platz bei ca. 20 Grad Celsius für 4-6 Wochen lagern lassen. Wehrend dieser Zeit (Durchwachsphase) sollte die relat. Luftfeuchte 90-100% betragen und der CO2-Gehalt bei 6000-9000 ppm liegen (=sehr sehr stickig, tz), und kein Luftaustausch stattfinden.

Schritt 19.


Nach 4-6 Wochen sollte die Oberfläche des Substrates mit Sklerotien bedeckt sein. Die harten Sklerotienknollen sind das Geheimnis des Morchelanbaus. Diese sind sozusagen die "Samen" Ihrer Morcheln. Nicht aufgebrauchte Körnerbrut bei ca. 3-6 Grad Celsius lagern. Unter optimalen Bedingungen ist die Körnerbrut bis zu ein Jahr brauchbar...





Schritt 20.

KUEHLUNG (ein notwendiger Schritt): Nach dem Durchwachsen, entfernen Sie die Roggenschale aus dem Beutel, schließen den Beutel wieder und stellen ihn für zwei Wochen in den Kühlschrank (bei 3-6 Grad Celsius).

Schritt 21.


Die noch-eingetütelte Schale aus dem Kühlschrank nehmen. Auspacken und in den (gebauten) Anzuchtraum (oder sonstigen Raum) stellen. Das Substrat langsam mit sterilem Wasser (mit ca. 20 Grad Celsius) sättigen (bei einer Rate von 0.45 - 0.75 Liter/ m2 und Stunde -über einen Zeitraum von insgesamt 12-16 Stunden) und das Wasser danach für 24 Stunden wieder komplett ablaufen lassen.

Schritt 22.


CASING (optional): Eine gleichmäßige Schicht Deckerde ca. 1.3 cm hoch aufbringen. Das Mycel wächst in den nächsten 7-10 Tagen in diese Deckerde ein. Lufttemperatur 20 Grad Celsius. 1-2 Luftwechsel /Stunde. Dunkel halten.






Schritt 23.

Primoridien formen sich innerhalb von 3-7 Tagen. Substrat-Feuchtigkeit 60%, relative Luftfeuchte 95-100%, Lufttemperatur ca. 22 Grad Celsius, 6-8 Luftwechsel / Stunde. 12 Std. Licht an / 12 Std. aus (Pflanzenlampen). CO2-Gehalt < 900 ppm halten (ist ein relativ-frisches Gefühl, tz).



Schritt 24.


FRUCHTKOERPER REIFUNG: Substratfeuchte 50%, relat. Luftfeuchtigkeit 85-95%, Lufttemperatur ca. 24 Grad Celsius. 6 - 8/Luftwechsel/ Std., Licht 12 Std. an / 12 aus (Pflanzenlampen). CO2-gehalt < 900 ppm.






Schritt 25.

Sie können auch im Freiland anbauen mit Sägemehlbrut von Mushroompeople. (oder unsere 'Morchel-Starterkultur', -jeweils ab September zu haben...) Pflanzen Sie sie von Frühjahr bis Herbst. Der inokulierte Bereich muß während heißer, trockener Perioden feucht gehalten werden. Pflanzen Sie sie unter der Art von Bäumen unter der Sie auch Morcheln in Ihrer Gegend finden, z.B. Esche, Eiche, Ahorn, Buche, Ulme, altem Apfelbaumbestand... oder im Bereich von solchen Stauden wie "jeruselum artischocken"(???,tz) oder Spargel. WIE ANPFLANZEN: Vorsichtig die Waldstreu entfernen (Sie sollten pro m2 Fläche ca. 0.65 kg Brut einkalkulieren...) Den Boden bis in eine Tiefe von 2.5-5 cm lockern, wenn trocken leicht befeuchten. Pro m2 Fläche 0.65 kg Holzschnitzel (der obigen Baumarten) vorab für 48 Std. eingeweicht und mit dem gelockerten Boden mischen. Dann Sägemehlbrut-Verpackung öffnen und Brut gleichmäßig über die vorbereitete Fläche verteilen. Leicht mit den Holzschnitzeln und dem Boden einmischen. Die Waldstreu wieder aufbringen und feucht halten, besonders während heißer, trockener Monate. Möglicherweise hilft eine Kleesaat darüber den Boden feuchter zu halten und bringt zusätzlich Stickstoff in den Boden ein... WANN FRUCHTEN SIE: Ende April - Anfang Juni. Die Fruchtkoerperbildung sollte im ersten Frühjahr nach der Ausbringung erfolgen. Wenn nicht: vorsichtig nachsehen ob überhaupt was irgendwo anging, dann nachfuettern mit ... siehe weiter unten..., tz) Wenn der Frühling trocken ist für ausreichend Bewässerung sorgen auf der präparierten Fläche.
"Unwissenheit schützt vorm sterben nicht.... !!!"

Pilzsachverständiger DGfM

PS: Keine Gewähr auf Ferndiagnosen!

http://www.pilzverein-rehna.de
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 13. Juni 2008 16:33

Hey Alex,


danke, daß du nochmal die deutsche Übersetzung der Anleitung hier gepostet hast. Ich ergänze mal mit einem Link zur englischen Version mit den dazugehörigen Bildern.
http://www.thefarm.org/mushroom/morel.html

Allerdings habe ich so meine Zweifel an der Geschichte. Anscheinend hat seit 1986 noch niemand nach dieser Anleitung indoor Morcheln ernten können.

Ich fürchte ja, daß schon Schritt 4 und 5 zu einer wahren Kontischlacht führen und man nicht mehr Herr der Lage wird. Laut Literatur sollen sich auf Morchelfruchtkörpern etwa 1000 mal mehr Kontis tummeln, als auf anderen Pilzen, daher würde ich die Petri eher neben dem Pilz plazieren und ihn aus kurzer Entfernung mit einer hellen Lampe beleuchten, um ihn anzuregen, fleißig Sporen abzuschießen.
Habe es aber noch nie probiert. Würde mich natürlich freuen, wenn es doch klappt.


Grüße, Carsten
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