Indoor-Fruchtung von Schopftintlingen

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Mycelio
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Indoor-Fruchtung von Schopftintlingen

Beitrag von Mycelio » Dienstag, 24. März 2009 14:12

Hallo geplagte Tintlingszüchter,


wie viele von uns hatte ich das Problem, daß die Schopftintlinge trotz guten Mycelwachstums nicht fruchten wollten. Also habe ich mit verschiedenen Substraten und Deckerden experimentiert und im Netz recherchiert, um nicht alle meine Kulturen auszuwildern und auf den Herbst warten zu müssen. Inzwischen zeigen sich Erfolge, die ich euch nicht vorenthalten möchte.


Aber erstmal etwas Theorie...

In 'Kulturtechnologie der Speisepilze' beschreibt Lelley, daß die Primordienbildung der Schopftintlinge am besten in einer 3 - 5cm dicken, nährstoffarmen, von Bakterien besiedelten Deckerde stattfindet. Die Ursachen wären Nährstoffmangel in Verbindung mit einer Hemmung des Mycelwachstums durch bakterielle Stoffwechselprodukte. Als wichtig erachtet er auch eine ausreichende Feuchtigkeit der Deckschicht (60 - 65%), sowie ausreichende Frischluftzufuhr, nachdem das Mycel an der Oberfläche erscheint. Ebenfalls erwähnt er das Aufrauhen der Deckschicht, leider aber nicht die Bedeutung von Licht. Andere Studien belegen, daß die Primordienbildung nur bei ausreichender Helligkeit erfolgt und sie erwähnen eine optimale Dicke der Deckschicht von drei Zentimetern.


Nun zu meinen Erkenntnissen:

Als Substrate haben sich Stroh, unter Wasser fermentiertes Stroh und verschiedene Mischungen von Stroh und Dung, sowie von Holzspänen und Dung bewährt, wobei sich der Dung auch durch Kompost ersetzen läßt. Das fermentierte Stroh wurde hiervon am schnellsten durchwachsen, jedoch ist das Mycel auch in allen anderen Substraten recht flott.

Als Deckschicht verwende ich unbehandelten Torf mit Kalk, hatte aber auch schon Erfolg mit alter, verkalkter Blumenerde. Die Zugabe von Aktivkohle zum Torf ist nicht nötig, dürfte aber (wie bei Champignons) helfen, da sie in gewissem Umfang bakterielle Tätigkeit ersetzt. Das Umpflügen der Deckerde brachte bei mir nicht den gewünschten Erfolg, das Mycel verschwand einfach für mehrere Wochen, kehrte dann aber zurück. Meine ersten Deckschichten waren mit ca. einem Zentimeter offensichtlich zu dünn. Da sich die Primordien mitten in der Deckerde bilden, denke ich, daß da wohl einfach zuwenig Platz war und zu große Schwankungen in der Feuchtigkeit. Viele Pilze benötigen zur Fruchtung ja auch einen nach unten ansteigenden CO2-Gehalt, der wiederum nur bei dickeren Deckschichten ausgeprägter sein dürfte.

Wiederholtes Mycelwachstum auf der Oberfläche scheint nicht weiter tragisch zu sein, es weist aber auf mangelnde Belüftung und Belichtung, sowie evtl. zu hohe Luftfeuchtigkeit hin.

Wenn sich monatelang gar nichts tut, hilft bei mir, wenn ich die Deckerde trocknen lasse und sie dann wieder vorsichtig befeuchte, indem ich sie in mehreren Etappen mit Wasser besprühe. Hier sollte vermieden werden, daß sich Wasser im Substrat sammelt, denn alle meine bisherigen Ausfälle waren Grünschimmelbefall nach zu starker Wassergabe.

Wenn es dann klappt, beult sich die Erdoberfläche, bevor dann die Primordien durchbrechen. Meist werden sie dann erstmal etwas breiter, bevor sie dann in die Höhe schießen.


So, nun noch ein paar Bilder meiner Versuche in kleinen Töpfen, ansonsten viel Erfolg,
Carsten


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gerade durchgebrochenes Primordium, zwei schon größere


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ein paar Tage später mit Nachwuchs und ein weiterer Nachteil einer zu dünnen Deckschicht, übergewichtige Pilze kippen gern um
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davidson30
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Beitrag von davidson30 » Mittwoch, 25. März 2009 10:31

hallo carsten




ich bin sehr beeindruckt von deinen versuchen und ergebnissen (fast schon neidisch bin ).


aber noch mehr begeistert mich das du deine versuche und ergebnisse mit uns teilst :) .



leider wird es bei mir noch ein wenig dauern bis ich wieder zu solchen oder ähnlichen versuchen komme .... deshalb danke das ich bei dir mit "naschen" darf :D




gut kulturpilz

fritz
"Mädchen sind wie Pilze - die schönsten sind die giftigsten"
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Beitrag von Mycelio » Mittwoch, 25. März 2009 19:59

Hallo Fritz,


freut mich, daß es dich interessiert!

Die Schopftintlinge waren wirklich eine harte Nuß. Da bin ich natürlich froh, daß sie endlich mal fruchten. Wenn ich dann noch meinen Mitstreitern hier und in anderen Foren weiterhelfen kann, umso besser. Schließlich habe ich ja auch viel von anderen gelernt, da möchte ich der Pilzzuchtgemeinde gern was zurückgeben.

Ich hoffe du hast bald wieder Gelegenheit für eigene Experimente, die du dann hier beschreibst. :D


Grüße, Carsten
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Atta
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Beitrag von Atta » Donnerstag, 26. März 2009 03:22

Sieht wirklich toll aus!

Aber das ist für mich mehr als eine Stufe zu hoch ;)

Gratuliere!
Gruß,
Werner
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