Reinkulturen aus kontaminierten Material

Klonen, Sporenabdrücke, Beimpfen mit Sporen, Überimpfen, Selektieren

Moderatoren: Mycelio, leuchtpilz, davidson30

Antworten
w_ciossek
Pilzfreak
Beiträge: 163
Registriert: Mittwoch, 09. September 2009 07:23
Wohnort: Hamburg

Reinkulturen aus kontaminierten Material

Beitrag von w_ciossek » Montag, 04. Januar 2010 11:11

Hallo Pilzgemeinde,
Mit der Zeit entwickelt man viele Tricks, um aus verseuchten Ausgangsmaterialen Reinkulturen zu gewinnen. Einige Methoden sind zwar bereits bekannt, jedoch finde ich sie ebenso erwähnenswert. Deswegen stelle ich hier noch einmal alle Methoden und auch meine eigenen zusammen. Vielleicht hat unter den Forumsteilnehmern noch andere Tricks gefunden, wie man verseuchtes Material noch retten kann. Es wäre schön, wenn diese hier noch erwähnt würden.

Bei Pilzen vereinfacht sich die Reinkulturenherstellung dadurch, da sie die Eigenschaft haben, in das Agar hineinzuwachsen, was Bakterien nicht so ohne weiteres können.

Hier folgen nun die Methoden zur Reinkulturengewinnung.

1. Abstrich
Bei kontaminierten Sporen usw. kann man diese Methode gut verwenden. Man nimmt eine kontaminierte Probe und verdünnt sie mit Wasser. Mit einer glatten Impföse, welche nicht die Agarplatten zerkratzt, taucht man diese in diese Probe und streicht sie in Zickzack über die Agarplatte. Durch das Verdünnen mit Wasser und durch das Aufstreichen bekommen die einzelnen Organismen einen räumlichen Abstand. Auf diese Weise kann man die einzelnen Organismen ausselektieren.

2. Bakterielle Kontaminationen abwischen.
Bei starker bakterieller Kontaminationen kann diese mit einen Tempotaschentuch, welche vorher mit Spiritus befeuchtet wurde, diese auf der Agarplatte täglich abgewischt werden, bis die Taschentücher dabei sauber bleiben. Auch die Mycelschicht wird hierbei abgewischt, jedoch wächst das in Agar eingedrungene Mycel weiter. Wenn es den Boden der Petrischale erreicht hat, nimmt man die Agarplatte heraus und entnimmt zwecks Überimpfung von der Bodenseite Mycel.

3. Bakterielle Kontaminationen abschneiden.
Bei langsam wachsenden aber stark mit Bakterien kontaminierten Proben kann man die Wischtechnik einsetzen, aber hier kann auch leicht eine neue Schimmelkontaminationen eingebracht werden. So ist es empfehlenswert, die Schicht wie unter Punkt 2 abzuwischen, aber dann sofort anschließend nimmt man die Agarplatte heraus und bricht sie an den Mycelstellen durch. Mit einen sterilen Skalpell trägt man eine dünne Agarschicht ab, die vorher mit Bakterien kontaminiert war, indem man das Skalpell in die Bruchstelle einführt. Dann entnimmt man eine zweite, noch mit Mycel bewachsene Schicht und überträgt diese auf eine neue Agarplatte. Diese Methode ähnelt dem Klonen eines Pilzes, wo man den Pilz aufbricht und aus den Inneren des Pilzes Mycel entnimmt. Nur hier verfährt man in gleicher Weise mit einer Agarplatte.

4. Schimmelverseuchtes Material
Eine beginnende Schimmelverunreinigung verfärbt sich schon grün, bevor diese Sporen bildet. Schwarzkopfschimmel (Rhizopusarten) erkennt man an ihren schnellen Wuchs, dessen Hyphen oft nach oben in die Luft wachsen. Notfalls kann man Schimmelstellen herausschneiden, falls sich das Kulturmycel noch nicht so weit entwickelt hat, daß man überimpfen kann.

5. Überimpfen
Liegen die Organismen räumlich weit auseinander, so kann man den gewünschten Organismus herausstechen und auf eine sterile Agarplatte übertragen. Notfalls, sofern sie doch sehr dicht aneinanderliegen, kann man mit Hilfe einer Lupe und einer sterilen Nadel sogar eine einzelne Hyphe des gewünschten Organismus entnehmen.
Bei viel Erfahrungen mit Pilzmycel entwickelt man irgendwann einen Blick hierfür, wie das Kulturmycel auszusehen hat, und man kann durchaus jenes vom Schimmel, wenn auch nicht hundertprozentig, unterscheiden.

6. Verseuchte Impfdübel
Leider habe ich im Pilzhandel oft überalterte Impfdübel gekauft, die schimmelverseucht waren. Manchmal kann man das Pilzmycel retten, sofern man jedes einzelne Impfdübel separiert, mit einer sterilen Zahnbürste diese unter fließendem Wasser reinigt und dann in einen verschließbaren sterilen Kunststoffbeutel steckt. Mit etwas Glück kann man vielleicht einen einzelnen Impfdübel retten, und diesen auf Agar legen, damit man Mycel daraus isolieren kann.


Gruß Wolfgang
Benutzeravatar
Cantharellus
Pilzfreak
Beiträge: 133
Registriert: Samstag, 03. November 2007 18:16
Wohnort: Zwingen Schweiz

Beitrag von Cantharellus » Montag, 04. Januar 2010 18:51

Hallo Wolfgang

Danke für diese Tpps kann die genau jetzt gebrauchen.

Gruss heinz
Angesteckt vom PI-LZ Virus
Benutzeravatar
Manitari
Pilzfreak
Beiträge: 113
Registriert: Samstag, 29. November 2008 09:12

Beitrag von Manitari » Montag, 04. Januar 2010 19:31

Hallo Wolfgang,

muss mich meinem Vorschreiber anschließen. Deine Beiträge sind immer sehr lehrreich.

sonnige Grüsse

C.J.
Antworten

Zurück zu „Klone und Sporen“