Samtfußrübling - Erfahrungen

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Monti
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Samtfußrübling - Erfahrungen

Beitrag von Monti » Donnerstag, 14. Mai 2020 21:59

Da es ja zum Samtfußrübling doch recht spärliche Informationen gibt, wollte ich auch mal meine bescheidenen Erfahrungen mit euch teilen. Es ist nicht viel was ich berichten kann aber für den ein oder anderen der diesen geschmacklich herausragenden und wunderschönen Pilz mal probieren möchte evtl. eine kleine Hilfe.

Geschmack
Wie gesagt finde ich sie geschmacklich absolut hervorragend. Einfach mit etwas Zwiebel in Erdnussöl angebraten und ein wenig Weißwein rezuziert auf einem Butterbrot mit Salz und Pfeffer... meine Herren! Für mich einer der, wenn nicht der beste Pilz den ich bisher gegessen habe. Die Reduzierung/Sauce wird bei dem Pilz immer etwas dick bzw. schlotzig. Sehr gut finde ich. Hat immer ein leicht rauchiges, würziges Aroma. Auch der restlichen Familie hat er sehr gut geschmeckt. Ich las aber, dass das leicht schleimige nicht jedem behagt.
Die Stiele werden oft als unbrauchbar beschrieben. Meine Erfahrung ist, je dunkler/schwärzer und Samtiger der Stiel, desto faseriger. Helle Stiele kann man auf jeden Fall gut essen. Man merkt es schon beim Durchschneiden, ob er brauchbar ist.

Fundstellen
Ich habe letzten Winter ab anfang Dezember die ersten Exemplare gefunden. An Bachläufen, vor allem an Weiden habe ich gute Funde gehabt die mir als Basis zum Klonen dienten. Gummistiefel waren hilfreich um auch vom Wasser aus ernten zu können. Sie wachsen gern zum Wasser hin.

Klonen
Ich habe für einen Klon immer ein Stück aus der Mitte des Hutes über dem Stielansatz entnommen. Schon bei Exemplaren mit knapp 3-4 cm Hutdurchmesser liesen sich gut Stücke entnehmen. Größer ist natürlich besser und sie können sehr groß ausfallen:
ca. 12 cm Hutdurchmesser, festes Fleisch
ca. 12 cm Hutdurchmesser, festes Fleisch
Die Pilze sollten aber zum klonen nicht zu Nass geworden sein. Mein Eindruck war, dass sie sich ab und an mal mit Wasser vollgesaugt hatten und dann mit Bakterien kontaminiert waren.
Allerdings sind die Klone robust. Die nachfolgende Petri hatte ich wohl im Dezember oder Januar geimpft. Erst machten sich Bakterien breit die dann aber später vom Samtfüßrübling überwuchert wurden. Seither ist die Petri bei Raumtemperatur rumgedümpelt und hat nun vor etwa einer Woche gefruchtet.
Fruchtender Samtfußrübling
Fruchtender Samtfußrübling
Das Wachstum auf MEA und Kimmig-Agar ist mittelmäßg schnell würde ich sagen. Charakteristisch ist, dass nach dem Impfen auf Agar erst mal ca. eine Woche vergeht, wo so gut wie nichts wächst. Dann gehts kontinuierlich durch. Es bildet sich ein leicht flockiges Mycel. Bilder hatte ich schon mal hier gezeigt:
viewtopic.php?f=28&t=4785 (download/file.php?id=4473&mode=view und download/file.php?id=4424&mode=view )

Ich habe durchaus Unterschiede bei verschiedenen Klonen festgestellt was die Geschwindigkeit, Fruchtungswilligkeit, dichte vom mycel und auch die Fruchtkörper angeht. Es gibt also wirklich unterschiede festzustellen. Ein Klon bildete z.B. Fruchtkörper deren Huthaut nicht so glitschig Nass war sondern eher trocken samtig.

Brut
Ich habe Weizen und einmal Hühnerfutter (Maisschrot, Weizen, Muschelgrit) verwendet. Beides ging gut. Wachstum ist nicht sonderlich schnell aber auch nicht sehr langsam.
Ich hatte nach dem durchwachsen oft schon Fruchtungen auf der Brut:
DSC03626.JPG
20200129_180530.jpg
Substrat
Ich habe nur unsteril gearbeitet mit unterschiedlichem Erfolg. Ich muss aber dazu sagen, dass ich nicht viele Ansätze probiert habe, einfach weil mir die Zeit fehlte. Verwendet habe ich immer Weidenholzhäcksel aus Ruten die vorher getrocknet wurden. Ich habe mit Micro bzw. Heißwasser übergiesen und auch mit einweichen in Ca(OH)2-Lösung gearbeitet. Beides hat mal funktioniert. Der eine sehr schnell wachsende Klon hat sowohl bei der Micro-Methode als auch bei der Ca(OH)2 alles schnell durchwachsen.
Sehr schnell und dicht wachsender Klon
Sehr schnell und dicht wachsender Klon
Wie man sieht, sondert er auch gern etwas Guttationsflüssigkeit ab. Bei dem gezeigten Block hat sich auch das Mycel, als es etwas antrocknete dunkel verfärbt, siehe Bilder weiter unten.
Brutmengen habe ich immer hoch dosiert. Die Menge würde ich sage hängt vom Strain ab. Generell höher als bei Auster und Co.

Aufgefallen ist mir, dass der Samtfußrübling (ebenso wie der Enoki weiß) gerne mit dem Mucor kontaminiert wird. Im Substrat sind beide immerwieder parallel aufgetreten.

Fruchtung und Wachstum
Die war bei meinen zwei Klonen unterschiedlich. Der eine hat schon bei Raumtemperatur im geschlossenen Eimer gefruchtet. Der andere erst nach Kühltruhen-und-Outdoorlagerung.
Die Luftfeuchtigkeit ist hier wichtig. Sie muss hoch sein. Wie hoch... keine Ahnung. Hab mit dem Ultraschallnebler alle 15 min. gearbeitet. Zusätzlich zum Fruchten ab und an mal mit Sprühflasche besprüht.
Er fruchtet folgernd, d.h. anfangs erscheinen nur wenige Pins und erst nach und nach erscheinen weitere.
Hier sieht man die unterschiedlichen Stadien:
20200327_191214.jpg
Wenn er mal losgelegt hat, läufts gut durch, auch wenn man mal vergisst, das Wasser vom Nebler aufzufüllen.

Auf CO2 reagiert er mit langen Stielen. Wie empfindlich er ist, hab ich nicht probiert. Licht hab ich auch nicht getestet. Bei mir war immer die LED Lampe 8-10 h an.

Das Wachstum würde ich als mittelmäßig beschreiben, nicht so schnell wie eine Auster. Zwischen dem oberen Bild und dem nachfolgendem lagen 8 Tage.
20200404_203026.jpg
Ernte und Ertrag
Ich habe immer erst geerntet wenn die Hüte voll offen und etwas wellig waren. Das Fleisch ist dann immer noch fest aber sie fangen auch an Sporen abzuwerfen.
Der Ertrag ist eher nicht so hoch.
20200225_182446.jpg
Das war ein 5 L Eimer, zwar eher locker geschichtet. Gewicht weiß ich nicht mehr. Trocken vielleicht 800 g. Ernte... puh, es war eine glatte Zahl, vermutlich 300 g.

So, ich hoffe ich konnte diesem tollen Forum damit etwas zurückgeben. :) Das sind wie gesagt meine bescheidenen Beobachtungen und Erfahrungen aus der Erinnerung heraus ohne Anspruch auf vollständigkeit oder Richtigkeit. Aber da man nicht so viele Infos findet ist es besser als nichts...hoffe ich. :lol:
Ich finde ihn ehrlich gesagt völlig unterschätzt, den Samtfußrübling und hoffe, dass er mehr Popuarität erlangt. Den Enoki (weiß) finde ich eher langweilig, farblich gesehen. Geschmacklich meine ich, ist er auch eher dezenter. Außerdem wächst er schwach...

Und in Goldgelb ist er einfach bildschön! :D
20200219_183131.jpg
Samtfußrübling auf Ca(OH)2 Substrat mit Deformationen(Lamellen oben)
Samtfußrübling auf Ca(OH)2 Substrat mit Deformationen(Lamellen oben)
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malda
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Re: Samtfußrübling - Erfahrungen

Beitrag von malda » Freitag, 15. Mai 2020 17:37

Sehr schöner Bericht !
Der Samtfußrübling steht bei mir auch noch auf dem Programm (ca. 2025 :D ) – vor allem sehr interessant und schön dass er auch unsteril klappt. Auch gut zu wissen dass Weizenbrut geht. Klingt für mich nach einem Pilz mit guten Erfolgsaussichten.
Dieser Pilz müsste doch eigentlich auch in Stämmen draußen gut funktionieren, hast du vor das auch mal auszuprobieren - oder hast Du schon?
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mariapilz
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Re: Samtfußrübling - Erfahrungen

Beitrag von mariapilz » Freitag, 15. Mai 2020 18:03

Super Bericht Monti! Reife Leistung! Wertvolle Infos, danke fürs teilen.

Der Enoki steht noch auf meiner to do Liste. Bei der Art Blicke ich nicht ganz durch... Du sagst der "goldgelbe" schmeckt super.... Du meinst damit "deinen" Samtfußrübling aus dem Wald. Also den heimischen Samtfußrübling (Flammulina velutipes) .... Mit dem "weissen" meinst du auch Flammulina velutipes. ..Aber eine gekaufte Kultur. ..Also einen Zuchtstrain aus ...was weiß ich woher...oder? Oder gibt es bei den gekauften Kulturen gelb und weiß??
Noch was... Wir wissen dass der Enoki extra "Co2 überschwemmt" wird weil lange Stiele gewollt sind... daraus folgere ich dass die Stiele gut schmecken und doch zart sein müss(t)en. Wiso soll denn der Stiel dann als unbrauchbar beschrieben werden? Oder gilt das nur für den heimischen Samtfußrübling.

Wäre nett wenn du meine Verwirrung entwirrst.
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Re: Samtfußrübling - Erfahrungen

Beitrag von Wurstpelle » Freitag, 15. Mai 2020 19:27

:D super Erfolg da freut sich doch das Herz
habe diesen Winter/ vor Frühling kein einzigen Samtfußrübling gefunden
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Monti
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Re: Samtfußrübling - Erfahrungen

Beitrag von Monti » Freitag, 15. Mai 2020 22:21

Danke für die Blumen. :)
malda hat geschrieben: Freitag, 15. Mai 2020 17:37 Klingt für mich nach einem Pilz mit guten Erfolgsaussichten.
Dieser Pilz müsste doch eigentlich auch in Stämmen draußen gut funktionieren, hast du vor das auch mal auszuprobieren - oder hast Du schon?
Ich glaube auch, dass er durchaus Potenzial hat und er funktioniert sicher gut auf Stämmen draußen. Ich hatte es auch vor aber schaffe es nicht mal die schon hier liegenden Stämme mit der monate alten Brut zu impfen... :oops:
Also nein, habe es leider noch nicht probiert. Ausprobieren werde ich es vielleicht mal noch... irgendwann. Vielleicht auch 2025. :wink:
mariapilz hat geschrieben: Freitag, 15. Mai 2020 18:03 Wäre nett wenn du meine Verwirrung entwirrst.
Vorweg: das kann ich leider nicht ganz :?
Ja, ich meine der Samtfußrübling (Flammulina Velutipes) schmeckt sehr gut. Also der heimische aus freier Wildbahn und natürlich auch meine daraus kultivierten stehen denen nichts nach.
Mit dem weißen "Enoki" meinte ich eine gekaufte Kultur der üblichen Anbieter. Soweit ich durchgestiegen bin, ist der weiße nur eine Varität. Aber genau weiß ich das nicht. Zu kaufen hab ich den goldenen noch nicht gesehen, was mich ehrlich gesagt schon etwas wundert. Der von den Glückspilzen könnte ein goldener sein, richtig hervor geht das aus der Beschreibung nicht. Lichtmangel als Ursache für die weiße Farbe halte ich für nicht ganz richtig. Mein weißer Enoki ist auch mit Licht weiß geblieben und meine goldenen sind auch unter Lichtmangel (die auf der Petri) etwas braun geworden.

Zum Stiel: Das er alt ungeniesbar ist, gitl vor allem für Wildfunde. Beim goldenen wird der Fuß ja mit dem Alter immer samtiger und schwarz, zuminfest wenn man ihn frei wachsen lässt. Damit auch fester und faseriger. Es ist eher unangenehm zum essen weil zu hart. Schmecken tut er dann meiner Erfahrung nach nicht anders.
Unter Lichtmangel meine ich, dass sich der Stiel nicht so dunkel färbt und auch zarter bleibt. Das habe ich auch bei Wildfunden so beobachtet. Und je jünger, desto zarter. Beim weißen (ich konnte aber leider nur einmal ernten) konnte ich nicht feststellen, dass er sehr zäh wird.
Ich würde behaupten, dass man auch den goldenen "lang" treiben kann und zarte Stiele ernten kann. Letztendlich ist das Geschmacksache. Beim Buchenpilz wollen die Asiaten ja auch eher lange Stiele. Beim Kräuterseitling ist es ja ähnlich. Eigentlich sind die gehandelten Pilze etwas missgebildet und große Hüte wären normal.

Am besten probierst du es aus. :wink:
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