Ophiocordyceps entomorrhiza

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Lauscher
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Ophiocordyceps entomorrhiza

Beitrag von Lauscher » Donnerstag, 27. August 2020 16:04

Ich habe vor Jahren mal einen Thread bei pilzkultur.at aufgemacht, den ich hier mal "konservieren" möchte, weil allerhand Recherche drinsteckt, und ich nicht weiß, ob/wie lange die Seite pilzkultur.at erhalten bleibt.

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Ich bin auf der Suche nach der Käferlarven-Kernkeule Ophiocordyceps entomorrhiza.
Karin Montag von Tintling gab mir den Tip, hier im Forum zu schauen.

Ich möchte die Käferlarven-Kernkeule auf relativ großen Substratmengen züchten und auf Flächen ausbringen, wo mein Bruder Bioland-Rotklee-Saatgutvermehrung macht. Der Rotklee wird seit zwei Jahren massiv von einem kleinen Käfer, dem Kleespitzmäuschen befallen, dessen Larven die Blüten von innen ausfressen und so die Ernte ruinieren.

Ich habe verschiedentlich Hinweise im Netz gefunden, daß die Käferlarven-Kernkeule auch das Kleespitzmäuschen vernascht, z. B. in dieser schönen Cordyceps-Artenbeschreibung und in diesem wissenschaftlichen Cordyceps-Artikel.
Ich hoffe, daß die Käferlarven-Kernkeule den Befall an Kleespitzmäuschen deutlich verringern kann.
Ich denke/wünsche/träume mir, daß die Kernkeule auf dem Feld fruchtet, ihre Sporen streut und Käfer und Larven infiziert.

Vielleicht hat auch der Cordyceps militaris das Potential zu diesem Zweck? Ich habe jedoch keinen Hinweis finden können, daß er auch das Kleespitzmäuschen angreift. (Was nichts heißen muß ... die Käfer sind schon schwer zu sehen, und einen winzigen Käfer mit einem noch winzigeren Pilz auf dem Kopf zu bemerken ist noch um einiges schwieriger ...).

Wer weiß, vielleicht finde ich ja diesen Frühling eine Käferlarven-Kernkeule ... und schaffe es, sie sauber und erfolgreich zu vermehren ...
... aber hier im Forum frage ich trotzdem! Vielleicht hat ja jemand eine gute Idee, vielleicht möchte der erfolgreiche Cordyceps-militaris-Züchter auch noch einen Ophiocordyceps entomorrhiza einfangen und vermehren ;-) ? Meinen Glückwunsch zur C. militaris-Vermehrung! Die Bilder sind sehr beeindruckend.

Als einen wesentlichen Teil des Substrates dachte ich an Drohnenlarven, die in meiner Imkerei im Frühling in recht großen Mengen als "organischer Abfall" überbleiben (trauriger Nebeneffekt der Varroa-Milbenbekämpfung). Die Drohnenlarven könnten generell für die Cordyceps militaris Zucht interessant sein, um in den Frühlingsmonaten kostenlos bei den meisten Imkern große Mengen Substrat zu bekommen.

Ich zitiere mal allerhand aus Coleopteran and Lepidopteran Hosts of the Entomopathogenic Genus Cordyceps sensu lato
Es wird gesagt, daß die Cordyceps-Arten generell sehr wählerisch sind, was ihre Wirte angeht.
Walter hat geschrieben:20-30 Stück wanderten mit dem bereits stark zersetzten Stroh in einen Kübel , dazu kam dann ausreichend Flüssigmycel , Reinkulturen u. Brut so das die Larven in jeden Fall damit in Kontakt kommen mussten.

Das Ende ist schnell erzählt , die Larven verpuppten sich u. daraus schlüpften wunderschöne u. gesunde Rosenkäfer :woohoo: !
Rosenkäfer sind natürlich eine Freude!

Bei den Rosenkäfern und ihren Verwandten werden im Artikel sehr viele Cordceps-Arten genannt, C. militaris und O. entomorrhiza sind jedoch nicht dabei.

Daß bei diesem "Vollkontakt" keine Larven infiziert wurden, spricht für die Beschränkung der Cordyceps-Arten auf "ihre" Wirte, und vermindert zugleich meine (schon zuvor geringe) Hoffnung, daß C. militaris auch auf Kleespitzmäuschen gehen könnte.

Ob Du ein anderes Ergebnis bekommen würdest, wenn Du Schmetterlingsraupen (z. B. von Brennesseln) in Kontakt mit C. militaris bringst?

In der Familie der Rüsselkäfer, zu denen die Kleespitzmäuschenarten (Gattung Apion spp.) gehören, werden C. militaris und O. entomorrhiza genannt:
4.5. Superfamily Curculionoidea
4.5.1. Curculionidae

It is the family of the true weevils or snout beetles. Weevils are almost entirely plant feeders. Cordyceps militaris is recorded on larva of Ips sexdentatus, Ophiocordyceps curculionum on adult of Heilipus celsus, O. entomorrhiza on adult of Apion flavipes, and Podocrella peltata on larva of Cryptorhynchus corticicolus (Table 1).
C. militaris läßt sich den zwölfzahnigen Förenborkenkäfer schmecken, den ich auch schon öfters gesehen habe (kommt mir jedenfalls sehr bekannt vor, auch das Fraßbild sieht sehr vertraut aus).

O. entomorrhiza wird für Apion flavipes genannt. Apion flavipes ist das Weißkleespitzmäuschen; ich dagegen möchte Apion apricans, das Rotkleespitzmäuschen, mit Pilzen bekämpfen.
Die beiden Kleespitzmäuschenarten sehen fast identisch aus und haben, bis auf die fast identischen Wirte, praktisch identische Lebensweisen. Ich spekuliere darauf, daß O. entomorrhiza auch Apion apricans verdauen kann, wenn Apion flavipes schon dokumentiert ist.

Bekannte Wirte für O. entomorrhiza:
On coleopteran hosts: [Käfer]

Carabidae:
Calathus sp., Calosoma sp., Carabus auronitens, C. coriaceus, C. glabratus, C. hortensis, C. intricatus, C. nemoralis, C. nemorensis, C. violaceus, Coptolabrus sp., Hadrocarabus problematicus, Pterostichus sp.

Cerambycidae: Leptura sp.
Chrysomelidae: Diabrotica sp.
Curculionidae: Apion flavipes 
Staphylinidae: Ocypus sp.
Tenebrionidae: Meneristes laticollis
und für C. militaris:
On coleopteran hosts: [Käfer]
Curculionidae: Ips sexdentatus
Tenebrionidae: Tenebrio molitor

On hepialid hosts (Lepidoptera, Glossata, Exoporia, and Hepialidae): [Motten]
Hepialus sp.

On heteroneuran hosts (Lepidoptera, Glossata, and Heteroneura): [Schmetterlinge]
Bombyx mori  
Andraca bipunctata 
Calliteara pudibunda, Leucoma salicis  
Achlya flavicornis, Ochropacha duplaris, Tethea ocularis, Tetheella fluctuosa 
Biston panterinaria, Lycia hirtaria 
Dendrolimus pini, D. superans, Macrothylacia rubi 
Arcte coerula, Colocasia coryli, Euxoa ochrogaster, Panolis flammea 
Fentonia ocypete, Lampronadata cristata, Phalera assimilis, P. bucephala, Syntypistis punctatella 
Anisota senatoria 
Callambulyx tatarinovii, Laothoe populi, Marumba sperchius, Mimas tiliae, Hyles euphorbiae, Sphinx pinastri 
Deutlich wird der Schwerpunkt von O. entomorrhiza bei Käfern und von C. militaris bei Schmetterlingen.

Interessant fand ich auch diesen Absatz:
Among the coleopteran families, Scarabaeidae is parasitized by the highest number of Cordyceps fungi (27 spp.), followed by Elateridae (15 spp.) (Table 1). Among 55 parasitizing fungi (Table 1), we found that only few parasitize more than one family. For example, Ophiocordyceps entomorrhiza parasitizes 6 families, followed by O. stylophora (4 families), O. larvicola and O. superficialis (3 families each), and C. militaris, C. velutipes, and O. michiganensis (2 families each) (Table 1). From host range point of view, Ophiocordyceps entomorrhiza shows the widest range, infecting 13 spp. in Carabidae and one sp. in each Cerambycidae, Chrysomelidae, Curculionidae, Staphylinidae, and Tenebrionidae (Table 1). It is also exceptional in that it infects both larval and adult stages.
Demzufolge hat O. entomorrhiza von allen Cordyceps das größte Wirtspektrum im Reich der Käfer, und sticht noch dadurch hervor, daß er nicht nur Larven, sondern auch erwachsene Käfer befällt.

Eine ähnliche Aussage zu C. militaris im Reich der Schmetterlinge:
Out of 22 spp. recorded on heteroneuran hosts (Table 3), C. militaris has the widest host range, extending to 2 infraorders, 6 superfamilies, 10 families, and 29 spp. (Table 3). It is a cosmopolitan species, distributed from sea level to more than 2000 m above sea level [126]. Probably due to its wide host range and adaptability to wider habitats, this species demonstrates rapid in vitro growth and fructifications [127]. Cordyceps tuberculata is another species recorded on multiple families. Larva is the most suitable host for Cordyceps spp. compared to pupa and adult (Table 3).
O. entomorrhiza und C. militaris scheinen auf ihren Gebieten "Allrounder" zu sein, wohingegen die meisten anderen Cordyceps-Arten deutlich wirtsspezifischer sind.
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Re: Ophiocordyceps entomorrhiza

Beitrag von malda » Montag, 31. August 2020 12:20

Lauscher hat geschrieben: Donnerstag, 27. August 2020 16:04 Ich habe vor Jahren mal einen Thread bei pilzkultur.at aufgemacht, den ich hier mal "konservieren" möchte, weil allerhand Recherche drinsteckt, und ich nicht weiß, ob/wie lange die Seite pilzkultur.at erhalten bleibt.
Oh, das hört sich aber bedenklich an.... ist damit zu rechnen, dass die Seite vom Netz geht? Das wäre sehr schade! Da finde ich auch immer wieder Interessantes beim stöbern...
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Re: Ophiocordyceps entomorrhiza

Beitrag von kornpilz » Montag, 31. August 2020 14:35

Schön zusammen gestellt

Also Williams hatte soweit ich weiß bis jetzt nicht den größten Erfolg . Der wollte seinen Strain weiter vermehren und zum forschen rausgeben ... Wächst bis jetzt nicht wie er soll von Früchten ganz abgesehen

Schau Mal Paul hat da 3-4 Patente und schon einiges geforscht . Die Patente sind frei
Alle Pilze sind essbar , manche nur einmal ;-)
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Re: Ophiocordyceps entomorrhiza

Beitrag von Lauscher » Dienstag, 01. September 2020 08:44

kornpilz hat geschrieben: Montag, 31. August 2020 14:35 Also Williams hatte soweit ich weiß bis jetzt nicht den größten Erfolg . Der wollte seinen Strain weiter vermehren und zum forschen rausgeben ... Wächst bis jetzt nicht wie er soll von Früchten ganz abgesehen

Schau Mal Paul hat da 3-4 Patente und schon einiges geforscht . Die Patente sind frei
Wer sind Paul und Williams? Paul Stamets?
Ich vermute mal, es sind eher Patente für Cordyceps militaris, mein Kandidat ist ja noch etwas spezieller. Dennoch interessant, einige Tricks lassen sich bestimmt übertragen.
malda hat geschrieben: Montag, 31. August 2020 12:20 ist damit zu rechnen, dass die Seite vom Netz geht? Das wäre sehr schade! Da finde ich auch immer wieder Interessantes beim stöbern...
Das wäre wirklich schade. Lange war die Seite völlig verwahrlost und wurde von SPAM überflutet. Walter, der Admin, hat vor Jahren etwas von Krankheit gesagt und wurde danach nicht mehr gesehen.
Anscheinend hat jetzt jemand aufgeräumt und den Spam entfernt. Aber aktiv sieht das Forum nicht aus: http://www.pilz-kultur.at/Forum/index.p ... rn?start=0
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Re: Ophiocordyceps entomorrhiza

Beitrag von kornpilz » Dienstag, 01. September 2020 14:53

Lauscher hat geschrieben: Dienstag, 01. September 2020 08:44
kornpilz hat geschrieben: Montag, 31. August 2020 14:35 Also Williams hatte soweit ich weiß bis jetzt nicht den größten Erfolg . Der wollte seinen Strain weiter vermehren und zum forschen rausgeben ... Wächst bis jetzt nicht wie er soll von Früchten ganz abgesehen

Schau Mal Paul hat da 3-4 Patente und schon einiges geforscht . Die Patente sind frei
Wer sind Paul und Williams? Paul Stamets?
Ich vermute mal, es sind eher Patente für Cordyceps militaris, mein Kandidat ist ja noch etwas spezieller. Dennoch interessant, einige Tricks lassen sich bestimmt übertragen.

Ja genau Paul Stamets der hat einige Patente. Soweit ich weiß ist es nicht der cordyceps es geht hier um Ameisen Termiten usw . Wo der Pilze als natürliches Insektenvernichtungsmittel aggiert .

Williams ist ein talentierter dunkelhäutiger der macht viel zum Thema cordyceps . Hat 2 Bücher geschrieben .
Der hat sich mit dem Ophiocordyceps Rum Experiment und wollte sie Kultur schicken.. hier gab es wohl Probleme beim Anbau
Alle Pilze sind essbar , manche nur einmal ;-)
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