Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

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BananenBrot
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Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von BananenBrot » Donnerstag, 28. April 2022 01:51

Hallo community :)

Ich bin Student der Agrarwissenschaften und befasse mich in meiner Bachelorarbeit mit der Produktion von Austernseitlingen in tropischen Klima.
Dementsprechend befinde ich mich aktuell in Westafrika und führe meine Versuche durch.
Leider habe ich aktuell mit vergammeltem Substrat zu kämpfen. Ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.

Zum Aufbau der Versuchsreihe:

- Züchtung von Pleurotus. O. auf Sägespänen / Hackschnitzelsubstrat in 1kg hitzebständigen Substratbeuteln
- unterschiedliche Stickstoffquellen : Weizenkleie & Hünhermist
- unterschiedliche Konzentrationen der Stickstoffquelle : 10% / 20%
- Pilzbrut aus unterschiedlichen Quellen : eigene Produktion & zugekauft aus Labor
- unterschiedliche Pilzbrutkonzentrationen : 1% / 3%

Zusammen ergibt es es 16 Faktorstufenkombinationen, die ich auf signifikante Unterschiede und Wechselwirkungen untersuchen möchte.

- das Substrat wurde bereits vor meiner Anreise hergestellt. 100kg Holzmaterial wurde mit entsprechender Menge Stickstoffquelle +1kg Kalk + 1kg Holzkohle hergestellt und 4 Wochen kompostiert
- Beutel wurden mit PVC Rohr und Baumwollen verschlossen
- Wassergehalt des Substrates vor Pasteurisation 65%
- Wasserdampf Pasteurisation in einem alten Ölfass - 3,5h
- Inkubation mit 1% oder 3% Getreidekörner Pilzbrut

Durch die Pasteurisation hat sich der Wassergehalt in manchen Beuteln meiner ersten Versuchsdurchführung ( batch#1) leider stark erhöht, sodass sich eine anaerobe Wasserschicht im unteren Bereich der Beutel gebildet hat.

- Lagerung der beimpften Beutel im "incubation room"
- Lagerungsbedinungen : dunkel / 25-31°c / Luftfeuchtigkeit 90-100%

Die Beutel haben zu Beginn ein rasantes Wachstum hingelegt. Alles schien nach Plan zu laufen.
Das Mycel hat das Wachstum beendet, als es die auf die Stauwasserschicht getroffen hat.
Zudem haben sich erste Anzeichen eines Verrotungsprozesses gezeigt. (Sauerstoffmangel?)

- Bläschenbildung / punktförmige Ablagerung
- Abbau Mycel -> hellbraune Verfärbung
- Substratbeutel verliert Struktur und ist wieder zerbrechlich
- Symptome treten zuerst im oberen Bereich des Beutels auf
Bläschenbildung
Bläschenbildung
Verrottung oben - Wachstum unten
Verrottung oben - Wachstum unten
Ich musste zahlreiche Beutel entsorgen. Den Rest habe ich geöffnet und in den "fruiting room gebracht"

- Lagerungsbedinungen : hell / 25 - 29°c / Luftfeuchtigkeit 90- 100% / Luftzufuhr durch Aussparungen der Wände und Ventilator.

Diese Beutel haben sich glücklicherweise erholt, ihre weiße Farbe wiedererlangt und haben bereits den ersten Flush hinter sich gebracht.

Ich wollte aus meinem Fehlern lernen und habe die Beutel des batch#2 bei der Pasteurisation fälschlicherweise kopfüber gelagert. Jetzt gibt es zwar keine Stauwasserschicht - dies hat jedoch zu einem minimalen Wasserverlust und wahrscheinlich auch signifikantem Nährstoffverlust geführt, da diese nun problemlos abfließen konnten.

Nach einiger Zeit haben jedoch auch hier erste Anzeichen einer Verrottung begonnen (s.o.).

Ich habe daraufhin die Baumwollstopfen überprüft und festgestellt, dass diese vermutlich zu dicht/fest gepackt worden sind, sodass kein Luftausstausch mehr stattfinden konnte.

Manche Stopfen habe ich komplett entfernt, manche gelockert und wieder reingesteckt. Im nächsten Versuch werde ich stattdessen Schaumstoff verwenden.

Da ich aus vorheriger Erfahrung noch die Hoffnung hatte, dass sich die Beutel nach der Öffnung und durch den direkten Kontakt mit Frischluft erholen, habe ich zahlreiche Beutel geöffnet und in den "fruiting room" gebracht. Dort zeigt sich jedoch keine Erholung des Mycels wie in batch#1.

Es kann beobachtet werden, dass die Verrotung im oberen Teil des Substratbeutels beginnt, während das Mycel im unteren Teil noch weiter wächst.
An der Temperatur im "incubation" und "fruiting" room kann ich leider nichts ändern.


Habe ich die fehlende Frischluftzufuhrt bzw. Sauerstoffmangel den erscheinenden Symptomen richtig zugeordnet ?

Welche anderen möglichen Fehlerquellen gibt es ?

Wie sorgt ihr für eine ausreichende Belüftung des Substrates in Substratbeuteln ?

Habt ihr weitere Fragen ?


bisherige Erkenntnisse :

- Mycel wächst auch Hühnermist deutlich schneller
- die Ernte fällt bei Kombinationen mit Hühnermist größer aus
- fast alle Beutel, die mit 1% Pilzbrut geimpft worden sind mussten entsorgt werden
- Beutel mit 3% Pilzbrut wachsen deutlich schneller

bisherige Anpassungen :

- Baumwollverschluss der Beutel gelockert
- Ventilatoren eingebaut
- verfrühte Öffnung der Beutel, um Verrottung zu stoppen


ich würde mich um inspirierte Antworten freuen :)

werde euch weiterhin auf dem laufenden halten
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incubation room
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Vergleich Pilzbrutkonzentration
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Ernte batch #1
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batch #1
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Mycomane
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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von Mycomane » Donnerstag, 28. April 2022 16:17

Hallo Bananenbrot,

erstmal herzlich Willkommen im Forum von meiner Seite. :)
Schön, dass du zu uns gestoßen bist. :D

Hoffe du bist keine Eintagsfliege die sich gleich sofort wieder zurückzieht.
Finde das interessant was du tust.

Bist du durch das Studium nach Afrika gekommen?
Ist das also irgendwie ein Projekt das von deiner Uni, FH oder so, gefördert wird, oder machst du das alles privat?
Hoffe dir ist diese Frage nicht unangenehm.
Musst das natürlich nicht erklären, wenn du nicht möchtest.
BananenBrot hat geschrieben: Donnerstag, 28. April 2022 01:51 Leider habe ich aktuell mit vergammeltem Substrat zu kämpfen. Ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.
Was verstehst du genau unter vergammeltem Substrat?
Ich nehme an man kann das Gammelige riechen.

Vielleicht klärt sich das bei mir gleich von selbst, aber ich lese deinen Beitrag nach dem Überfliegen von oben nach unten und antworte dementsprechend von oben nach unten auf das was du schreibst.
BananenBrot hat geschrieben: Donnerstag, 28. April 2022 01:51 - unterschiedliche Stickstoffquellen : Weizenkleie & Hünhermist
- unterschiedliche Konzentrationen der Stickstoffquelle : 10% / 20%
Unter Zugabe von 10-20% Weizenkleie kann ich mir etwas vorstellen.
Was das aber bei Hühnermist bedeutet müsste ich erst nachlesen.

Hast du den Stickstoffgehalt irgendwie von der Kleie auf den Mist umgerechnet?

Kenne mich mit Hühnermist nicht aus. Aber 20% (vom Gewicht) an Hühnermist erscheint mir intuitiv irgendwie zu viel.
Was macht all der Hühnermist wohl mit dem pH-Wert des Substrates?

Ist die Zusammensetzung des Hühnermistes von einem, ich nehme mal an, afrikanischen „Bio-Huhn“ vergleichbar mit einem Masthähnchen oder dem einer industriellen Legehenne?

Ich weiß nicht ob das eine Rolle spielt, könnte mir aber vorstellen das es dabei Unterschiede gibt, ohne mich genauer mit Hühnermist auszukennen.
Was fressen die Hühner denn vorwiegen von denen der Mist kommt, falls das eine Rolle spielt?
BananenBrot hat geschrieben: Donnerstag, 28. April 2022 01:51 - Pilzbrut aus unterschiedlichen Quellen : eigene Produktion & zugekauft aus Labor
Was heißt „eigene Produktion?“ Machst du das selbst, weißt du wer die Brut wie hergestellt hat?
Was heißt „zugekauft aus Labor“?
Handelt es sich um ein „lokales“ Labor in der Nähe, oder um ein Labor aus Europa etc. von dem du die Brut mitgebracht hast?
Nicht dass jemand denken sollte die Qualität der Brut wäre besser, falls du sie mitgebracht hast. Vielleicht wäre eher das Gegenteil der Fall.
BananenBrot hat geschrieben: Donnerstag, 28. April 2022 01:51 - das Substrat wurde bereits vor meiner Anreise hergestellt. 100kg Holzmaterial wurde mit entsprechender Menge Stickstoffquelle +1kg Kalk + 1kg Holzkohle hergestellt und 4 Wochen kompostiert
- Beutel wurden mit PVC Rohr und Baumwollen verschlossen
- Wassergehalt des Substrates vor Pasteurisation 65%
- Wasserdampf Pasteurisation in einem alten Ölfass - 3,5h
- Inkubation mit 1% oder 3% Getreidekörner Pilzbrut
Erfüllt die Holzkohle einen bestimmten Zweck? Hast du dazu nähere Infos?
Was macht der ganze Kalk im Substrat?
Ist das gebrannter Kalk, gelöschter Kalk oder Calciumcarbonat?
Oder ist es ein Gemisch aus den Calcium- und Magnesium Verbindungn?
Woher kommt das Rezept für die Mischung?

Baumwolle ist vermutlich bei dir vor Ort günstig vorhanden.
Leider saugt sich Baumwolle stark mit Wasser voll.
Das kann je nach Bedingungen zu Problemen führen.

Wie sieht das Setup des Ölfasses aus in dem pasteurisiert wurde?
Weißt du welche Temperatur in dem Fass (eventuell an verschiedenen Stellen) über einen wie langen Zeitraum aufrechterhalten wurde?
BananenBrot hat geschrieben: Donnerstag, 28. April 2022 01:51 Zusammen ergibt es es 16 Faktorstufenkombinationen, die ich auf signifikante Unterschiede und Wechselwirkungen untersuchen möchte.
Die Sache mit den 16 Faktorstufen finde ich für eine Bachelorarbeit recht „sportlich“.
Finde es besser mit weniger Faktoren bessere Ergebnisse zu erzielen als mit 16 Faktoren kein brauchbares Ergebnis zu erhalten.
Wie genau gewährleistest du die Vergleichbarkeit innerhalb einer Faktorstufe bzw. Versuchsreihe und wie die Vergleichbarkeit zwischen deinen verschiedenen Faktorstufen oder Versuchsreihen?
Hast du qualifizierte fachliche Unterstützung von deiner Ausbildungsstätte, oder von lokalen Fachmännern oder Fachfrauen?
Hast du bereits vorher irgendwelche praktischen Erfahrungen mit der Pilzzucht gesammelt, oder ist dein Wissen eher ausschließlich akademischer Natur?
BananenBrot hat geschrieben: Donnerstag, 28. April 2022 01:51 bisherige Anpassungen :

- Baumwollverschluss der Beutel gelockert
- Ventilatoren eingebaut
- verfrühte Öffnung der Beutel, um Verrottung zu stoppen
Wenn der Baumwollverschluss trocken ist braucht man wahrscheinlich nicht viel zu lockern.
Trockene Baumwolle muss schon sehr stark komprimiert werden, um bei so kleinen Beuteln für zu wenig Luftaustausch zu sorgen.
Wenn der Stopfen nass ist hilft vielleicht all das Lockern nicht, oder er muss so locker draufsitzen, dass auch Trauermücken oder andere Tiere etc. eindringen können, falls es die bei dir vor Ort gibt.

Kommt die hohe Luftfeuchtigkeit rein natürlich von außen, oder befeuchtest du die Luft zusätzlich?
BananenBrot hat geschrieben: Donnerstag, 28. April 2022 01:51 Durch die Pasteurisation hat sich der Wassergehalt in manchen Beuteln meiner ersten Versuchsdurchführung ( batch#1) leider stark erhöht, sodass sich eine anaerobe Wasserschicht im unteren Bereich der Beutel gebildet hat.
Vermutlich ist Kondenswasser beim Pasteurisieren in dem Fass von oben auf die Filter getropft, die Filter haben sich vollgesogen und zusätzlich ist dann weiteres Kondenswasser weiter nach unten in die Beutel gelaufen.
Dieser starke Wasserüberschuss macht vielleicht besonders dadurch Probleme, dass das Substrat nicht steril ist, sondern nur pasteurisiert wurde.
Bei 25-30°C fühlen sich sehr viele Bakterien sehr wohl, besonders wenn die Feuchtigkeit sehr hoch ist. Wahrscheinlich führt das zum „Vergammeln“.
Die Zugabe von Hühnermist erhöht die Bakterienlast des Substrates zusätzlich enorm.
Auch den Prozess der Fermentation des Substrates vor dem Pasteurisieren könnte man sich genauer anschauen.
BananenBrot hat geschrieben: Donnerstag, 28. April 2022 01:51 Ich wollte aus meinem Fehlern lernen und habe die Beutel des batch#2 bei der Pasteurisation fälschlicherweise kopfüber gelagert. Jetzt gibt es zwar keine Stauwasserschicht - dies hat jedoch zu einem minimalen Wasserverlust und wahrscheinlich auch signifikantem Nährstoffverlust geführt, da diese nun problemlos abfließen konnten.
In deinem Fall würde ich eher auf ein etwas zu trockenes als auf ein zu nasses Substrat setzen.
Decke doch einfach beim nächsten Versuch die aufrechtstehenden Beutel von oben ab, damit kein Kondenswasser vom Äußeren des Fasses in die Beutel tropfen kann.
Das könnte helfen.

Der pH-Wert deines Substrates liegt vielleicht relativ hoch was zusätzlich Bakterienwachstum gegenüber dem Pilzwachstum stark begünstigt.
Absenken des pH-Wertes würde wahrscheinlich dem Pilz zu Gute kommen.

Soweit meine erste Einschätzung aus dem Bauch heraus.
Hoffe, dass ich mir all deine Infos genau genug durchgelesen habe und nichts übersehen habe.
Ansonsten bitte ich um Nachsicht.

Welche Art von Bananbrot bist du denn?
Das aus den Bananen die man in Deutschland regelmäßig im 0815 Supermarkt findet, oder eher das aus den Kochbananen (plantain)? :wink: :lol:

Liebe Grüße,
Fabian
Fruchtbar ist die Hyphe noch ... aus der da einst die Spore kroch ...
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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von mariapilz » Donnerstag, 28. April 2022 18:25

Hi

Ich finde die Baumwollstopfen gut. Auch wenn ich nicht weiß wie deine Aussehen...ich habe schon öfters gesehen, dass solche verwendet werden (auch ökologischer als schaumstoff). Wenn du die Baumwollstopfen nicht allzu dicht reinsteckst und evtl. nach der Impfung (ich glaube das habe ich bei Menschen aus Indien gesehen...) ein Stück Zeitungspapier drüber....

Wasserdampfpasteurisation? meinst du jetzt unter 70 Grad? Ich glaube nicht. Aber 3,5 Stunden mit Kleie (Hühnermist habe ich keine Ahnung) kommt mir echt kurz vor.

Und irgendwie kommt mir das doppelt gemoppelt vor. Zuerst kompostiert: Mikroben sorgen dafür, dass sich kein anderer Schädlicher Pilz festsetzt, dann killt man die guten Mikroorganismen im Dampf.

Ich würde den Dampf bevorzugen. Aber viel länger dampfen. Bei diesem Durchmesser 10 Stunden... aus dem Bauch raus.

Wie impfst du? Kopfimpfung? Da habe ich was :mrgreen:
Die Menschen aus China verwenden auch gerne diese Substratsackgröße. Dabei verwenden sie soetwas (habe ich von einem guten Freund bekommen...er aus China bestellt) der Rasierer ist für das Größenvorstellungsvermögen... hatte grad nichts anderes)
20220428_184957.jpg
Das wird vor der Hitzebehandlung mittig eingeführt. Ins Substrat gesteckt. Oben kann man dann den Sack drumrumwickeln und der WATTEstopfen hat auch noch drauf Platz (das Ding ist hohl) Wenn dann geimpft wird, zieht man das Ding raus und steckt den (mitbehandelten) Wattestopfen drauf. So hast du Brut bis fast zum Boden runter. wächst rasend schnell durch denn das müzel muss nur einige Zentimeter .. bis zur Aussenwand... wachsen.

LG und ich freue mich mehr von deinem Projekt zu hören.
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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von mariapilz » Donnerstag, 28. April 2022 18:56

noch was.. bin zu wenig auf deine Fragen eingegangen.. Von deinem Foto her würde ich auch sagen, dass der zu wenig Luft bekommt, weil das myzel so durchsichtig scheint. p. ostreatus wird ja total dicht weiß...ist das überhaupt ostreatus?

So eine Auster verkraftet ganz schön dicht gepresstes Substrat, etwas lockerer ist aber vorteilhaft und kleie wie auch Hühnermist verdichtet sehr ... wenn das sägemehl sehr fein ist....

wiso das myzel von oben herab stirbt...keine Ahnung. Von oben nach unten klingt nach Infektion. Schlechten Geruch hat es nicht? Und Viecher auch keine beobachtet? Ich schätze dass das mit den Viechern (Mücken Nematoden) recht schwer herauszufinden ist da es so aussieht als ob da sowieso überall etwas kreischt und fleucht.... Zeitungspapier drüber.
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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von Mycelio » Freitag, 29. April 2022 00:47

Hallo Andy,

besonders wichtig ist es nicht, aber ich sehe da - wie Maria wohl auch - eher einen Pleurotus pulmonarius, also einen Lungenseitling.
Auch ich hätte da einige Anmerkungen. Ich versuche sie mal in der Reihenfolge der Arbeitsschritte zu ordnen:

Substratzusammensetzung
Dein Hauptbestandteil sind also Sägespäne und Hackschnitzel, dazu kommen Weizenkleie oder Hühnermist.
Ist dort keine Art von Stroh verfügbar, oder ähnliche landwirtschaftliche Abfälle?

20% Kleie hört sich für mich nach Overkill an. Normalerweise liegt bei Seitlingen das Ertragsmaximum je nach Sorte bei Kleiezusätzen von 10 - 15%. Sofern die Kleie in einem guten Zustand vorliegt, würde ich 6% und 12% testen.

20% Hühnermist wären dann der Mega-Overkill. Oder ist in dem Mist ein besonders hoher Anteil an Einstreu enthalten? Normalerweise würde ich 5% und 10% empfehlen.
Stinkt es beim Kompostieren nicht anfangs pervers nach Ammoniak? Bei der Kompostierung von Champignonsubstraten nimmt man das in Kauf, weil man am Ende einen maximalen Stickstoffgehalt im Substrat haben möchte. Bei Seitlingen würde das die Erntemenge eher reduzieren und für mehr Kontaminationen sorgen.

Die 1%ige Kalkzugabe halte ich bei Holzsubstraten für angebracht, aber das ist wohl Ansichtssache.

Sorry, aber die Holzkohle solltet ihr weglassen. Sie ist im Pilzsubstrat völlig sinnlos und macht höchstens Probleme als Rückzugsort für unerwünschte Mikroben.


Kompostierung
Ich nehme an, die Substratbestandteile wurden trocken gemischt, befeuchtet und in Form eines Haufens gelagert.
Wurde anfangs alle paar Tage gewendet, d.h. umgeschichtet und bei Bedarf nachbefeuchtet?
Das Substrat sollte sich anfangs deutlich erhitzen, was den Sauerstoffbedarf erhöht und im Inneren des Haufens schnell mal zu anaeroben Bereichen führt, die man tunlichst vermeiden möchte.
Nach zwei Wochen sollten die biologischen Umsetzungsprozesse eigentlich abgeschlossen und das Substrat erkaltet sein. Hier kommen mir die vier Wochen viel zu lange vor.
Vielleicht kannst du ja mal die Konsistenz des Substrates und die Höhe des Haufens beschreiben. Bei kleinen Haufen wären Wärmeverluste möglich, bei sehr großen, sowie bei sehr feinem und dichtem Substrat droht Sauerstoffmangel. Anaerobe Prozesse würde zu mehr Problemen bei der Substratbesiedelung und zu Ernteverlusten führen.


Wassergehalt
Vielleicht bin ich jetzt fies, aber das du 65% hattest, kann ich nicht glauben. Da etwas herausgesickert ist, als du die Beutel kopfüber pasteurisiert hast, muss der Wassergehalt zu hoch gewesen sein. Man vergisst schnell mal den Wassergehalt von trockenen Substratbestandteilen und liegt dann 10 % oder mehr über dem, was man haben will.
Jedenfalls solle es gerade so eben nicht mehr möglich sein, dass Wasser heraustropft, wenn man das Substrat in der Hand zusammenpresst. Ein paar Tropfen wären auch keine Katastrophe, würden es aber später den Mikroben die feindliche Übernahme des Substrates erleichtern.


Hitzebehandlung
Leider habe ich dazu selbst keine praktische Erfahrung, hätte aber auch so etwas wie 8 - 10 Stunden erwartet.
Wobei... wenn die Kompostierung halbwegs korrekt abläuft, dürfte auch weniger Zeit ausreichen.
Wahrscheinlich solltest du einfach mal ne Ladung richtig lange erhitzen, um sicher zu gehen.
Und natürlich solltest du verhindern, dass Kondenswasser in die Beutel eindringen kann.


Beimpfung
Was nutzt du für die selbst hergestellte Brut? Solange es Getreide ist, würde ich keine Unterschiede zu gekaufter Brut erwarten.
Den Trick mit dem Loch im Substrat hat Maria ja schon erwähnt. Falls dann größere Brutmengen nötig sind, könntest du einen Beutel mit sterilem Substrat beimpfen und das dann zum Beimpfen der pasteurisierten Beutel verwenden.


Substratbesiedelung
Bei Seitlingen weisen gelblich-bräunliche Verfärbungen im Myzel auf Stress hin. Als Ursache kommen meistens Kontaminationen aber auch zu große Hitze oder zu hoher Stickstoffgehalt im Substrat in Frage. Zu viel Wasser verstärkt die Problematik zusätzlich. Wenn sich sogar unten Pfützen bilden und Mikroben im Spiel sind, entstehen anaerobe Bereiche, die das Myzel kaum noch bzw. gar nicht besiedeln kann. Die stinkenden Ausdünstungen schwächen es zusätzlich und führen zu höherem Frischluftbedarf. Im schlimmsten Fall sollte es aber von unten nach oben absterben. Dass du es anders beschreibst, wundert mich.
Schneide doch bitte mal so einen Fehlschlag von oben nach unten in der Mitte durch und schau nach, wie es im Zentrum des Substrates aussieht. Evtl. ist da der ganze Kern anaerob.
Dass fest gestopfte Watte Probleme bereitet, überrascht mich auch. Sieh halt zu, dass keinerlei Viehzeugs eindringen kann. Zur Not geht auch Küchen- oder Toilettenpapier, sofern es um den Ring herum fest verschnürt wird.


Das soll mal für heute reichen.
LG, Carsten


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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von Mycomane » Dienstag, 03. Mai 2022 11:44

Hallo Andy, :)

nicht dass jemand denken sollte, dass du so viele Tipps nur deswegen bekommst, weil du deine „Firma“ oder Bachelorarbeit in Afrika aufzuziehen scheinst.
Und ich hoffe das Verbesserungs- Input und all die aufgekommenen Fragen sind keine over dose für dich.

Bin gerade etwas ungeduldig auf deine Antwort ;-).
Nimm mir das bitte nicht übel.

Wahrscheinlich haben Bachelor-Studenten heutzutage sehr viel zu tun.
Aus sicherer Quelle weiß ich, dass das früher aber, je nach Studienfach, noch viel schlimmer war.
Bitte sei keine Eintags- oder noch viel schlimmer gar eine Fake-Tags Fliege.

Es war Wochenende usw., klar möchte man dann als Student nicht so viel arbeiten oder Antworten schreiben.
Aber auch das gilt nicht für alle Studenten usw..
Oder ist bei dir in den Tropen die Internetanbindung so schlecht?

Ich glaube ich bin wirklich zu ungeduldig, sorry!
Habe gerade anscheinend nichts zu tun, obwohl das eigentlich nicht stimmt.

LG, Fabian
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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von BananenBrot » Mittwoch, 04. Mai 2022 14:13

Hallo zusammen :)

Es freut mich sehr, dass ich auf so interessierte und fachkundige Ohren stoße!

Der Austausch ist wirklich interessant und bringt einiges an neuen Inputs.

Um dem Anspruch gerecht zu werden hatte ich eigentlich vor bis Montag auf alle Fragen ausführlich zu antworten.

Leider bin ich am Wochenende schwer gestürzt und habe nun Probleme mit meinem Kopf. Wäre das nicht genug hat sich die Tastatur meines Laptops verabschiedet und die IP Adresse wurde durch dem Spam Blocker ebenfalls gesperrt. Schreibe nun vom Handy.

Wenn es meine Gesundheit und Zustand der Technik erlaubt werde ich unverzüglich antworten.

Entschuldigt bitte die späte Antwort.

Gruß
Andy
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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von Mycomane » Mittwoch, 04. Mai 2022 17:45

Hallo Andy, :)

Freue mich, dass es dir einigermaßen gut geht, nach deinem Sturz usw..

Probleme mit dem Kopf … damit ist nicht zu spaßen. :? :(
Schön, dass du dich meldest.
Bin froh, dass du keinen Fake-Account angemeldet hast. ;-)
Die Probleme mit der Technik und so kenne ich auch.
Vom Handy aus antworten ist sicherlich nervig.

Nimm dir die Zeit die du brauchst und werde bitte erst wieder vollständig gesund.
Einem „Anspruch“ musst du hier aber nicht in höherem Maße gerecht werden, denke ich.

Wir freuen uns stets neue Mitglieder:innen in der community begrüßen zu dürfen.
Aber natürlich freuen wir uns noch mehr, wenn die Leute auch zumindest für längere Zeit bleiben.

Hoffe in dem Sinne auch für das gesamte Forum sprechen zu dürfen.

LG, Fabian
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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von BananenBrot » Mittwoch, 14. Dezember 2022 20:49

Hallo Leute,

nach einer halben Ewigkeit melde ich mich zurück.

Ich bin schon seit einer guten Weile schon wieder zurück - der Versuch ist abgeschlossen und die Daten liegen mir vor. Da es vielleicht noch Menschen unter euch gibt, die es vielleicht interessiert was dabei herausgekommen ist poste ich hier ein paar meine Ergebnisse und beantworte aufgekommene Fragen.

Das Rezept für das Substrat ergibt sich aus dem zuvor genutzten Substrat inklusive ein paar Veränderungen.
Rückblickend war die Stickstoffkonzentration wahrscheinlich ein bisschen zu viel. Die Kohle war auch Fehl am Platz und hätte Vorteile für ein nicht kompostiertes Substrat versprochen.
Wir haben sowohl Weizenkleie als auch Hühnermist im Labor analysieren lassen und haben einen ungefähr gleichen Stickstoffanteil ermittelt bekommen.

Das Fass und die Ergebnisse meiner Auswertung habe ich als Foto mal angehängt.

Leider musste ich zu Beginn der Ernte meines zweiten Versuches bereits nach Deutschland ausreisen. Dementsprechend habe ich keine 100%ige Sicherheit, dass die Daten qualitativ sicher aufgenommen wurden.

Auch bin ich mit den Ergebnissen unzufrieden, da meine statistischen Test so gut wie keine Signifikanzen ergeben haben. Das bedeutet, dass ich kaum Unterschiede in meinen Faktorstufen feststellen kann.
Sichtbar wird es wenn man die Biologische Effizienz der Gruppen betrachtet. Ich bin davon ausgegangen Werte im Bereich von ca. 100% BE zu erreichen. Davon bin ich weit entfernt.

Wenn Interesse besteht werde ich die vollständige Arbeit in ein paar Monaten hier posten.

Zur Erklärung der Ergebnisse :
WB = wheat bran = Weizenkleie
CM = chicken manure = Hühnermist
MIX = Weizenkleie + Hühnermist (50/50)
spawn = initiale Menge Pilzbrut in Prozent
sd = Standardabweichung

Wenn ihr Fragen habt bin ich gerne bereit auf diese einzugehen. Diesmal ohne große zeitliche Verzögerung.

Grüße
Andy
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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von mariapilz » Mittwoch, 21. Dezember 2022 18:29

Hey! Sehr fein, dass du dich gemeldet hast... und ich muss sagen du hast ganz schön viel weirtgebracht. Respekt.
jabbag
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Re: Pilzzucht von Austernseitlingen in tropischen Klima - Versuchsaufbau / Probleme & Lösungen

Beitrag von jabbag » Samstag, 18. Februar 2023 15:11

Sehr interessantes Thema.
Würde es auch direkt als zu groß für eine Bachelorarbeit einschätzen. Was hast denn der/die Betreuer/in gesagt?

Mich würde auch interessieren, wie du auf das Substrat Rezept gekommen bist und wie du das in der Arbeit argumentierst.

Ist die Arbeit jetzt schon fertig? Oder gerade in den letzten Zügen?

Ich komme auch aus den Agrarwissenschaften und habe damals über Pilze geschrieben. Die Arbeit würde mich auf jeden Fall sehr interessieren.

Eine Sache hat mich noch sehr stutzig gemacht. Raumtemperaturen bis 31°C und dann noch so stark stickstoffhaltige Zuschlagsstoffe im Substrat. Das muss doch unglaublich hitzig geworden sein. Kann mir vorstellen, dass das ein Problem war, warum es im Inneren zu Wachstum Depressionen gekommen ist. Hast du mal die Innentemperatur beprobt? Wahrscheinlich nicht?! Kann man sonst mit einem einfachen Fleischthermometer mit der Sonde machen und nicht ganz genaue Daten sind ja immer besser als gar keine.

Darf man fragen welche Uni/FH das war?
Gab es da Personal, was sich in dem Bereich auskennt? Bei mir waren die betreuenden Professoren nicht ganz so tief in der Materie drin, aber es hat dann trotzdem gepasst, weil der eine einen Biologie Background hat und der andere eher Verfahrenstechniker war.
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