Celluloseabbau & Ligninabbau durch Austernpilze

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AndreasTyrol
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Beitrag von AndreasTyrol » Dienstag, 18. Dezember 2007 15:04

Christoph hat geschrieben:Es wäre schön, wenn du mir die Seiten mal per Mail schicken könntest! Bei Amazon ist das Buch z.Z. leider nicht verfügbar, wo hast du deines her?
Hallo Chris,

ich hätte jetzt die scans der 3 Seiten aus Lelleys Buch die dich interessieren gemacht. Wohin soll ich sie schicken? (Bei einer Privatnachricht kann man glaube ich keine attachments machen.)


Freundliche Grüße von Andre.
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Mycelio
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Beitrag von Mycelio » Sonntag, 23. Dezember 2007 21:59

Interessant. Wenn das optimale C/N-Verhältnis bei 40 : 1 liegt, muß man ja bloß geeignete Substrate mischen... Habe mal ein paar C/N-Werte zusammengegoogelt:

Leguminosenstroh 15:1
Luzernestroh 15:1 - 25:1
Kaffeesatz 20:1

Reisstroh 50:1
Maisstroh 50:1 - 60:1
Weizenstroh 100:1
Sägemehl 500:1
Papier 1000:1

Leguminosen = Hülsenfrüchte
Luzerne = Alfalfa (eine Kleesorte, auch eine Hülsenfrucht)

OK, das hieße ja schonmal, daß Maisstroh an sich ein besseres Substrat wäre als Weizenstroh und das wiederum besser als Holz.

Es gibt Luzerne in Form von Pellets, als Zusatzfutter für Nagetiere und Pferde. Mal sehen, ob man das im Zoogeschäft bekommt. Drei Teile Luzerne und ein Teil Stroh wäre mal was zum testen... Oder 3T Kaffee und 1T Stroh...


Aber so spannend die Substratoptimierung auch ist, ich frage mich doch immer wieder, wie weit sie bei der Kultur in Säcken, Gläsern, etc. überhaupt Sinn macht.
Nehmen wir mal an, wir hätten 100 Liter optimales Substrat gemischt und würden es mit einer Auster beimpfen. Dann denke ich daß beim Durchwachsen schonmal ein kleiner Teil verbraucht wird, vielleicht 5% oder weniger. Dann kann das Mycel ja nicht den gesamten Rest verdauen und in Pilzkörper verwandeln. Da es wächst, atmet und Stoffwechsel betreibt, müssen sich da doch Abfallstoffe im Substrat anhäufen, bis es irgendwann an seinem eigenen Dreck erstickt, während ein guter Teil des Substrats gar nicht verdaut werden kann. Sagen wir mal, bei 80% wäre Schluß. Minus 5 vom Durchwachsen macht das 75% nutzbaren Substrats. Dann kommt noch hinzu, daß die Erntemengen von Welle zu Welle abnehmen. Da niemand mehrere Jahre warten will, bis auch der letzte einsame Pilz wächst, hat man am Ende womöglich fast die Hälfte seines Super-Substrats vergeudet.


Grüße, Carsten
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AndreasTyrol
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Beitrag von AndreasTyrol » Montag, 14. Januar 2008 20:12

Ein Hallo an alle ! :)


Vorigen Freitag hatte ich endlich Zeit, einige biologische Lehrbücher zu wälzen um herauszufinden, wieso der Stickstoff (N) im Holz an das Lignin gebunden ist, wie Lelley behauptet.

Lelley hat natürlich wiedereinmal recht, was auch zu erwarten war!

Allerdings war es gar nicht so einfach herauszufinden, wie genau das Ganze funktioniert. Mit Hilfe von nicht weniger als 9 Lehrbüchern konnte ich das Rätsel lösen. :)

Wie schon weiter oben gesagt, enthält das Lignin selbst ja keinerlei Stickstoff, sondern ist ein reiner Kohlenwasserstoff, ein hochvernetztes Kohlehydratpolymer, besteht also nur aus Kohlenstoff (C), Sauerstoff (O) und Wasserstoff (H).

Um zu verstehen, wie das Lignin zum Stickstoff (N) kommt muss man etwas weiter ausholen.

Bei der Bildung der primären (= ersten) Zellwand der Pflanzenzelle werden verschiedene Baustoffe miteinander vernetzt, sodass eine Art Verbundwerkstoff entsteht, der in seinen Eigenschaften sogar Stahl-Beton übertrifft.

In die Grundsubstanz, die aus Pectin und Hemicellulose besteht (= "Beton") sind Zellulosefibrillen (= "Stahl") eingelagert. Daneben wird meist auch etwas Lignin eingebaut (weniger als 1%) was die Stabilität zusätzlich verstärkt.

Neben diesen Bestandteilen kommen auch noch Strukturproteine der Zellwand zum Einsatz, die die verschiedenen Elemente zusätzlich vernetzen und verbinden.

Und genau diese Strukturproteine sind die Quelle des Stickstoffs, der mit dem Lignin des späteren Holzes verbunden ist.

Proteine enthalten immer viel Stickstoff, denn sie bestehen aus Aminosäuren.

Aminosäuren sind Carbonsäuren mit einer oder mehreren Aminogruppen:

-NH2 (Aminogruppe)

Die Aminogruppe besteht also aus einem Stickstoff- und 2 Wasserstoffatomen. Dieser Stickstoff der Aminogruppe(n) der Aminosäuren in den Proteinen ist die Quelle des N, der mit dem Lignin verbunden ist.

Zunächst ist allerdings in der Zellwand der Pflanzenzelle nur sehr wenig Lignin enthalten, weniger als 1%. Doch dann beginnt die Pflanze zu verholzen. Und "verholzen" heißt nichts anderes, als die Einlagerung von Lignin in die Zellwand der einzelnen Zellen. Dabei verbindet sich das Lignin kovalent (= fest) mit den Zellwandproteinen und der Zellulose.* Es entsteht die von Lelley genannte Lignozellulose: das ist ein fest "verdrahtetes" Gesamtnetzwerk aus Lignin, Zellulose und Zellwandproteinen. Oft gehen die entsprechenden Zellen zugrunde und haben dann nur noch Stützfunktion. Die Zellwand-Strukturproteine bleiben allerdings auch in den toten Holzzellen erhalten und erfüllen ihre wichtige Kittfunktion.

Nur wenn das Lignin abgebaut wird, kann auch die Zellulose von den üblichen Zelluloseverwertern (Bakterien) verwertet werden.

(Als Analogie: wer das Eisen des Stahlbetons wiederhaben möchte, der muss zuvor auch den Beton aufbrechen, in den die Eisenstreben eingegossen sind.)

Da Bakterien Lignin nur sehr begrenzt abbauen können, wandert der ganze Komplex meist unabgebaut in den Boden und bildet dort z.B. Torf bzw. den größten Anteil des Humus. Nur spezialisierte aerobe Pilze können (wie wir alle hier wissen) diesen Lignozellulosekomplex angreifen. Und nur wenn sie das Lignin angreifen und abbauen, können sie auch das Zellwandprotein und den darin enthaltenen Stickstoff verwerten.

(Allerdings scheinen einige Pilze auch in der Lage zu sein, nur die Zellulose des Lignozellulosekomplexes anzugreifen und zu verwerten. = Braunfäulepilze.)

So, damit ist das Rätsel "wie kommt der Stickstoff in das Lignin von Hölzern und verholzten Pflanzen" gelöst.

Bei meiner Recherche war ich erstaunt, wieviel noch von der Zusammensetzung, Synthese und vom Abbau von Pflanzenzellwänden vollkommen unbekannt ist! Jeder zweite oder dritte Satz in den Lehrbüchern endete mit dem Nebensatz "..., die genaue Struktur (Vorgang, Synthese, Abbau, etc. ...) ist noch wenig erforscht bzw. unbekannt".

Übrigens ist das Lignin (es gibt verschiedene Typen), das aus dem Holz isoliert wird, nicht mit dem Lignin wie es im intakten Holz (Stroh, etc.) vorliegt, identisch. Wissenschaftliche Untersuchungen die den Ligninabbau durch holzabbauende Pilze (z.B. Austernpilze) mittels Lignin-Nährböden in Petrischalen untersuchen, haben also nur einen sehr begrenzten Aussagewert. Denn im Holz liegt das Lignin in ganz anderer Form vor und muss deshalb auch auf anderen Wegen abgebaut werden als in der Petrischale auf dem künstlichen Nährboden.


Schöne Grüße von Andre.

* = etwas vereinfacht dargestellt. Ich hatte nicht vor, hier ein Lehrbuch ins Forum zu stellen. Details bitte selbst in den entsprechenden biologischen Lehrbüchern nachschlagen oder auf spezielle Anfrage hier im Forum.
Christoph
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Beitrag von Christoph » Dienstag, 15. Januar 2008 15:44

@ Andreas: Sorry, habe deinen Post übersehen. Könntest du die Scans, soweit du sie noch hast, an meine Email senden(->Profil)?
Viele Grüße,
Chris
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AndreasTyrol
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Beitrag von AndreasTyrol » Donnerstag, 17. Januar 2008 12:59

Christoph hat geschrieben:Könntest du die Scans, an meine Email senden(->Profil)?
In deinem Profil ist keine email Adresse angegeben!


VG von Andre.
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