gärendes Strohsubstrat, Holz und Getreide

Pasteurisieren, Fermentieren, Substratvermehrung

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Mycelio
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gärendes Strohsubstrat, Holz und Getreide

Beitrag von Mycelio » Montag, 04. Februar 2008 23:27

Hallo,


als ich letzten Frühling Infos über Austernpilzsubstrate suchte, las ich ab und zu davon, daß man Stroh auch unter Wasser fermentieren könne, um es als Pilzsubstrat vorzubereiten. Angeblich solle das Stroh dann besser bewachsen werden und vor Schimmel geschützt sein. Leider waren die Hinweise nur dünn gesät, über Mindestmengen und Temperaturen war gar nichts zu finden und die Zeitangaben schwankten zwischen wenigen Tagen und zwei Wochen... Seitdem koche ich mein Strohsubstrat ab.

Vor ein paar Wochen habe ich dann mal ein paar Experimente bzgl. Vergärung von Strohsubstrat mit verschiedenen Zusätzen begonnen. Mein Ziel war es, das Substrat von Mikroben besiedeln zu lassen, die einerseits Schimmel unterdrücken, andererseits aber das Speisepilzmycel nicht behindern. Daher habe ich auf Sterilisierung oder Pasteurisierung des fertigen Substrats verzichtet. Um bei Fehlschlägen nicht so viel entsorgen zu müssen, habe ich erstmal nur kleine Substratmengen getestet. Da die ersten Ergebnisse recht vielversprechend aussehen, möchte ich sie euch mal vorstellen.

OK, das war's erstmal für heute. Ich versuche noch herauszubekommen, welche Organismen da am Werk sind. Momentan vermute ich Milchsäurebakterien. Sobald ich mehr erfahre oder sich sonst was tut, werde ich es hier posten, bzw. einarbeiten.


Grüße, Carsten


______________________________________________


Die Methode:
In einem 400ml-Glas wurde Substrat mit kaltem Wasser übergossen, so daß alles von Wasser bedeckt war und dann das Ganze bei 17 - 19°C stehen gelassen. Belüftung ist nicht nötig, jedoch wurde der Deckel nur locker aufgelegt, damit entstehende Gase entweichen können. Besser man füllt das Glas nur zur Hälfte, denn das Substrat neigt dazu, überzuschäumen.
Als Zusätze zu den Strohpellets kamen zuerst getrocknete, kleingeschnittene Luzerne und dann getrockneter Kaffeesatz zum Einsatz, später auch Kalk und Gips. In einem neuen Versuch für Champignons noch weitere Zusätze, siehe unten (Ansatz 5). Hauptanteil war immer Stroh, Luzerne bzw. Kaffee wurden zu max. 30% zugesetzt, Kalk und Gips nur zu kleinen Teilen, jeweils ca. ein halber Teelöffel.
Bild Ansatz 6, zu voll...


Der biologische Hintergrund:
Scheinbar fägt alles pflanzliche Material, das Kohlenhydrate und genug Wasser enthält, von selbst an zu fermentieren. Der ganze Prozeß kann sowohl in Anwesenheit, als auch Abwesenheit von Sauerstoff ablaufen. Je nach Bedingungen vermehren sich andere Arten von Bakterien und Pilzen, bauen die einfach zugänglichen Nährstoffe ab und reichern ihre Stoffwechselprodukte im Substrat an. Oft sind es einfache Carbonsäuren (Ameisensäure, Essigsäure, Buttersäure, ...). Wenn genügend Material zusammenkommt und Sauerstoff verfügbar ist, erhitzt sich das Gärsubstrat so stark, daß die ursprünglich aktiven Mikroben absterben und andere Arten ihren Platz übernehmen. In dieser heißen Phase können auch Zellulose und Lignin abgebaut werden. Bei günstigen Bedingungen kann sich das Substrat noch weiter erhitzen, bis auch die wärmeliebenden Arten absterben. Chemische Reaktionen heizen dann noch kurz weiter, bis die Temperatur wieder sinkt und das Gärsubstrat sterilisiert ist.

Allem Anschein nach sind bei den hier vorgestellten Versuchen hauptsächlich Milchsäurebakterien am Werk. Sie verbrauchen einfach zugängliche Kohlenhydrate und reichern das Ganze mit Milchsäure an. Unter Wasser wird auch der Sauerstoff schnell verbraucht. Die Milchsäuregärung läuft dann anaerob ab. Schimmelpilze finden unter diesen Bedingungen kaum Nahrung und können bei niedrigem PH ohne Sauerstoff nicht wachsen.

Weiterführende Wikipedia-Links:
Fermentation
Gärung
Kompostierung
Silage
Sauerteig
Milchsäuregärung


Der Ablauf:
Beim ersten Versuch kam die Gärung nach fünf Tagen von selbst in Gang, sichtbar durch viele kleine aufsteigende Gasblasen. Spätere Versuche, die mit dem Gärwasser fertiger Ansätze beimpft wurden, gärten schon am darauffolgenden Tag.
Der Geruch war anfangs noch angenehm, leicht fruchtig. Nach ein paar Tagen wurde es unangenehmer, manchmal auch etwas fischig. Fertiges Substrat roch eher würzig, nach Sojasoße.
Durch die Luftblasen steigt das Gärgut leider nach oben und bildet eine schaumige Schicht. Da diese sich immer mehr aufbläht, sollte täglich umgerührt werden. Dadurch sinkt auch die Gefahr von Schimmelbildung auf der Oberfläche.
Jeweils nach zwei Wochen hörte das Blubbern auf, das Substrat wurde in ein Sieb geschüttet, ausgepreßt und noch ein paar Tage auf der Heizung gelagert.

Richtig übler Geruch nach erbrochenem, faulen Eiern oder Kläranlage zeigt einsetzende Fäulnis an. Dann sollte der Ansatz entsorgt werden.


Tests und Ergebnise:
Getestet wurde u.a. mit einem Austernpilzstück. Ein Teil von einem Pilzstiel wurde einfach auf fertiges, unbehandeltes Gärsubstrat (Stroh/Luzerne) gelegt. Nach ein paar Tagen sprießte Mycel und bewuchs das Substrat schnell und kräftig.
Bild Bild
Daraufgeschichtetes Gärsubstrat mit Kaffeesatz ebenso.
Bild
Danach habe ich einen Fehler gemacht und für die nächste Schicht vergorenes Substrat mit frischem Stroh gemischt. Das Ergebnis war wiederauflebende Gärung. Das Austernmycel legte daraufhin eine einwöchige Pause ein. Inzwischen wächst es munter weiter und dringt schon in die nächste Schicht ein.
Update: Es kommt wieder zum Vorschein:
Bild
Und inzwischen fruchtet es...
Bild Bild Bild


Weitere ähnliche Klonversuche mit Champignonstücken schlugen leider fast alle fehl, bis auf zwei...
Bild Bild


Jedoch zeigte sich über sechs Wochen hinweg in keinem der Gläser mit Stroh/Luzerne jemals Schimmel. Das Substrat mit Kaffee ist erst seit vier Wochen im Einsatz, aber bisher auch schimmelfrei. Dies ist besonders interessant, da der zugesetzte Kaffeesatz Unmengen von Grünschimmelsporen enthielt. Offensichtlich können nach der Gärung keine Sporen mehr auskeimen.

Allerdings hatte ich bisher schon dreimal fremdes Mycel entdeckt, einmal irgendein harmloser Outdoor-Schimmel und zweimal unerwünschte Pilze. Also soo kontisicher isses doch nicht... Scheinbar überleben manche Mycelien die Gärung. Eine Pasteurisation des Substrates ist wohl angebracht, wenn das Impfmaterial nicht sehr kräftig ist...


Weitere Möglichkeiten:
Diese Art der Gärung scheint ihr Temperaturoptimum weit oberhalb der Zimmertemperatur zu haben. Über der Heizung gelagert zeigten die Gläser viel heftigere Gärung. Daher sollten größere Substratmengen, die sich von selbst aufheizen, viel schneller fertig sein, falls diese Erhitzung bei Milchsäuregärung stattfindet.


______________________________________________


Details der bisherigen Ansätze:
  • Ansatz 1
    13.12. Strohpellets im Glas zur Fermentation angesetzt, täglich umgerührt
    erst süßlicher Geruch
    18.12. Blasenbildung, CO2?, Geruch wird säuerlicher, strenger
    21.12. Luzerne geerntet und getrocknet, ein paar Tage etwas dazugemischt
    30.12. Blasen werden weniger
    31.12. abgesiebt und ausgedrückt, zum Trocknen auf die Heizung gestellt, riecht fischig, Methylamin?
  • Ansatz 2
    31.12. mit dem Gärwasser neues Stroh mit Luzerne angesetzt
    01.01. Blasenbildung
    06.01. Kaffeesatz dazugetan
    13.01. abgesiebt und getrocknet, riecht mehr nach Sojasauce
  • Ansatz 3
    13.01. mit dem Gärwasser neues Stroh/Luzerne/Kaffee/Brennesseln angesetzt
    Gärung beginnt erst nach ein paar Tagen...
    24.01. Gärung wird stärker
    28.01. und wieder schwächer
    31.01. gärt immer noch
    02.02. abgegossen und festausgepreßt, Kalk/Gips dazugemischt, auf der Heizung getrocknet
  • Ansatz 4
    15.01. Test mit Nagetierfutterpellets mit Luzerne, Getreide, Rübenmelasse, Ölsaat, etc.
    gemischt mit Stroh, beimpft mit Gärwasser und Gärsubstrat
    27.01. Gärung kommt nicht in Gang
    31.01. grüner Schimmel an der Oberfläche, entsorgt
  • Ansatz 5 Champignonsubstrat 1
    02.02. volles Programm: Stroh/Luzerne/Torf/Sonnenblumenkerne/Leinsamen/Bohnen/Kalk/Gips
    mit Gärwasser, Kerne und Bohnen gemahlen,
    tagsüber auf der Heizung gelagert
    03.03. gärt, Kaffee dazugetan
    06.02. weniger Blasen, Geruch wird sehr unangenehm, Buttersäure?
    09.02. PH 6 - 7, entsorgt
  • Ansatz 6
    02.02. Stroh/Luzerne/Kalk/Gips mit Gärsubstrat,
    tagsüber auf der Heizung gelagert
    03.03. gärt stark, Kaffee dazugetan
    08.02. Geruch immer noch angenehm fruchtig, manchmal leicht alkoholisch
    09.02. PH 5 - 6, Gärung und Geruch sind schwächer geworden, , ausgepreßt und getrocknet
  • Ansatz 7
    10.02. Stroh/Kaffeesatz mit viel Gärwasser, auf der Heizung gelagert
    12.02. nur schwache Gärung
    14.02. wird stärker
    15.02. PH 5 - 6
    16.02. gärt noch, riecht angebrannt
    17.02. Kalk/Gips zugesetzt, gärt weiter
    19.02. Gärung beendet, ausgepreßt, getrocknet
  • Ansatz 8
    10.02. Stroh/Kaffeesatz mit viel Gärwasser, auf der Heizung gelagert
    11.01. Luzerne zugesetzt
    12.02. nur schwache Gärung
    13.02. wird stärker
    15.02. PH 5 - 6
    16.02. gärt kaum noch, riecht angebrannt
    17.02. Kalk/Gips zugesetzt, gärt wieder
    18.02. Gärung beendet, ausgepreßt, getrocknet
  • Ansatz 9
    Fichtenholzpellets mit frischem Vollkornmehl, auf der Heizung gelagert
    15.02. schwache Gärung, PH 4 - 5
    16.02. Gärung beendet? Kalk/Gips zugesetzt, gärt weiter
    18.02. gärt kaum noch
    19.02. riecht seltsam, nach Medizin oder Desinfektionsmittel
    20.02. gärt wieder
    26.02. PH 6
  • Ansatz 10
    Buchenholzspäne mit frischem Vollkornmehl, auf der Heizung gelagert
    14.02. Gärung hat eingesetzt
    15.02. PH 3 - 4
    16.02. Gärung beendet? Wasser erneuert, gärt nicht weiter, Geruch wie Bananenchips
    17.02. Kalk/Gips zugesetzt
    18.02. gärt weiter, schäumt
    19.02. Hefebelag an der Oberfläche entfernt, bildet sich neu...
    26.02. PH 5
  • Ansatz 11
    18.02. Stroh/Luzerne mit wenig Gärsubstrat aus Ansatz 8, auf der Heizung gelagert
    19.02. gärt fleißig
    20.02. Kaffeesatz zugesetzt
    23.02. Gärung wird schwächer
    24.02. Gärung beendet, ausgepreßt, getrocknet
  • Ansatz 12 Champignonsubstrat 2
    19.02. Stroh/Luzerne mit wenig Gärsubstrat aus Ansatz 7, auf der Heizung gelagert
    20.02. gärt, Roggen/Sittichfutter zugesetzt (abgekocht)
    23.02. gemahlene Sonnenblumenkerne/Leinsamen/Bohnen zugesetzt, abends Geruch wie Sauerampfer
    24.02. Geruch wird unangenehmer
    26.02. entsorgt
  • Ansatz 13 Getreide
    20.02. Roggen und Sittichfuttermischung, 3 Gläser, 24h eingeweicht, 15 min geköchelt, mit Einweichwasser und Gärwasser aus 12 beimpft
    21.01. gärt
    26.02. PH 4, gärt noch, aus einem Glas die Körner abgespült und abtropfen lassen
    • Austernklone drauf
      Bild
    • Schimmeltest
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Beitrag von raw_n_baze » Dienstag, 05. Februar 2008 14:11

Good Job!

Hört sich sehr intressant an, hoffentlich ist es dir möglich die Verursacher dieses tollen effekts zu identifizieren.


Gtuß Lucas
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Beitrag von Jinx » Dienstag, 05. Februar 2008 19:08

Sowas ähnliches habe ich mal mit einem Glas Roggenbrut gemacht. Nach dem Abkochen des Getreides hatte ich noch ein 0,75l Glas übrig welches ich zeitlich nicht mehr sterilisieren konnte. Hab dann einfach das Glas mit Wasser aufgefüllt das der Roggen komplett mit Wasser bedeckt war und 1-2 Wochen stehen gelassen. Hat natürlich das gären angefangen und schön Schaum oben gebildet. Danach Wasser abgeschüttet, das ganze abgespült und DDKTisiert.
Wurde dann mit einem Mycelstückchen (glaube Auster) beimpft. War nicht mal innerhalb einer Woche komplett durchwachsen.
Hab das bisher aber nicht mehr getestet.

Kann das sein das vorab vergorenes Substrat (egal welches) grundsätzlich (oder nur bestimmte Pilzarten) von Mycel schneller durchgefuttert werden kann?

Nagetierfutterpellets als Zuschlagsstoff (Luzerne & Co) hat bei mir bisher auch immer "gut gewirkt".
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Beitrag von Mycelio » Dienstag, 05. Februar 2008 22:15

Mal sehen, was ich noch zu den biologischen Grunglagen rausbekomme. In Lelleys 'Kulturtechnologie der Speisepilze' wird eine semianaerobe Fermentierung von Stroh erwähnt. Werde ich mir mal genauer anschauen und gegebenenfalls hier zusammenfassen.
Vielleicht ist die Silageherstellung in der Landwirtschaft der gleiche Vorgang.


@Jinx
Das mit dem Roggen klingt interessant. Auch daß du schon diese Nagetierpellets verwendet hast. Wollte sie schon entsorgen.
Kann das sein das vorab vergorenes Substrat (egal welches) grundsätzlich (oder nur bestimmte Pilzarten) von Mycel schneller durchgefuttert werden kann?
Gute Frage. Es heißt ja daß dabei einfache Kohlenhydrate und Eiweiße abgebaut, bzw. umbewandelt werden, wobei CO2 entweicht. Die restlichen Nährstoffe könnten evtl. nach der Gärung in mundgerechter Form vorliegen. Wird aber - wie du sagst - von der Pilzart abhängen.
Da müßte man mal Vergleichtests machen.
Wenns nur nicht so stinken würde...


Grüße, Carsten
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Beitrag von Hephaistos » Mittwoch, 06. Februar 2008 08:24

Hallo!
Mycelio hat geschrieben:Vielleicht ist die Silageherstellung in der Landwirtschaft der gleiche Vorgang.
Meines Wissens ist die Silageherstellung eine normale Milchsäuegärung, d.h. im Prinzip das Gleiche wie bei der Sauerkrauterzeugung (oder Salzgurken, etc.) ...

Ich habe ungewollt Lungenseitling auf Silage :shock: . Ich habe Strohpellets gewässert, ausgepresst und ohne Fermentation gleich mit Körnerbrut beimpft. Anfangs ist das Mycel nur langsam gewachsen, jetzt aber wächst es relativ zügig. Als ich gestern mittels dicker Nadel Lüftungslöcher in den Beutel stach, trat der typische Silagegeruch aus dem Beutel. Wahrscheinlich habe ich das ausgepresste Stroh zu stark verdichtet, da die Milchsäuregärung anaerob erfolgt. Ist (zu viel :?: )Sauerstoff anwesend, erfolgt meist eine Buttersäuregärung, die ihr sicher alle kennt (Geruch nach Erbrochenem, bzw. ranziger Butter).
Auch die Thai-Auster scheint halb-siliertes Heu zu mögen
Fotos folgen....

Gruß,
Hary
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Beitrag von Mycelio » Mittwoch, 06. Februar 2008 11:32

Hallo,


schön, so langsam verdichten sich die Hinweise auf Milchsäure. Zu Silage gibt's auch mehr Infos im Netz. Gestern fiel mir auch noch Sauerteig ein, da ist ja ebenfalls Milchsäure zusammen mit Hefe am Werk.


Mehr später,
Carsten
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Beitrag von raw_n_baze » Donnerstag, 07. Februar 2008 13:50

Hi,
habe soeben in einem Buch was sehr intressantes dazu gefunden.
Habe es eingescanned, allerdings nur als pdf, ich habs mal hochgeladen...


http://rapidshare.com/files/89861633/Gaerung.rar.html


Viel Spass damit ;)

Gruß Lucas
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 08. Februar 2008 00:49

Hallo,


danke, das ist ja mal ne konkrete, anschaulich beschriebene Anleitung. Zwei Wochen Gärung bei Zimmertemperatur deckt sich auch schön mit meinen Beobachtungen.

Hatte vor Monaten schonmal was interessantes gefunden, es aber zwischendurch ganz vergessen...
http://www.regenwurm.de/pdf/miehe-selbs ... s-heus.pdf
Das ist eine alte Arbeit über die Gärungsprozesse in feuchtem Heu. Sehr einfach zu lesen und für ihr Alter (1907!) erstaunlich detailliert. Der Autor beschreibt kalte, warme und heiße Phase, redet auch von anderen Substraten und hat sogar verschiedene beteiligte Mikroben kultiviert. Seltsamerweise fand er aber Coli- anstatt Milchsäurebakterien.


Bei meinen gärenden Ansätzen tut sich verschiedenes. Das Glas mit Champignonsubstrat gibt kaum noch Gas ab, dafür riecht es übelst. Erbrochenes ohne Magensäure würde es vielleicht beschreiben, muß Buttersäure sein. Wird wohl morgen entsorgt...
Das andere Glas verströmt einen sehr angenehmen Multivitaminsaft-Geruch. Es riecht viel besser, als die beiden Versuche davor. Aber liegt das jetzt an der kleinen Kalkzugabe oder an der höheren Temperatur?
Da hätte ich besser nur eine Sache verändert...


Grüße, Carsten
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Beitrag von raw_n_baze » Freitag, 08. Februar 2008 11:39

Hehe, ich lach mich immer kaputt wie ihr die Gerüche von diversen Experimenten beschreib :D

Ich werde sobald ich einen Kulturraum angemietet habe (nur eine kleine Garage o.ä. -> da in der Wohung kaum Platz) eine solchen Versuch, nach der Anleitung aus dem Buch starten.

Desweiteren habe ich noch einen anderen Versuch vor, bei dem es sich auch um Bakterien etc. handelt, ich werde sowohl Fermentierungsversuche als auch Versuche direkt an Ernteballen vornehmen. :)



Gruß Lucas
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Beitrag von Hephaistos » Freitag, 08. Februar 2008 15:33

Hallo!

Muss leider wieder einen Dämpfer abgeben :(
Wenn ich das nächste mal Stroh gären lasse, werde ich wohl dem gewässerten Substrat nach dem Abkühlen etwas Zitronensäure und Lake vom Sauerkraut (="Kompoststarter") zugeben. klickst du

Gruß,
Hary
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Beitrag von Mycelio » Samstag, 09. Februar 2008 00:14

Hallo,


@Lucas
Stimmt schon, dieses Hobby läßt einen seltsame Sachen machen.
Nicht mehr lange und du sammelst alte Gläser mit Schraubdeckel, siehst überall Kontis... und machst stinkende Experimente... :D

Aber im Ernst, klingt spannend, was du da vorhast. Mit einigen Versuchen sollte man schon eine verläßliche Fermentierungsmethode rausbekommen. Ist schon irgendwie witzig, mit kontaminiertem Substrat anzufangen, würde mich aber nicht wundern, wenn sich die Pilze unsteril wohler fühlen...


@Hary
Ach, ist doch kein Dämpfer, eher ein weiterer Hinweis, daß man Gärsubstrat auch ansäuern kann. Säuren scheinen auch bei der Silageherstellung eingesetzt zu werden. In einer Öko-Landbauverordnung fand ich gerade weitere mögliche Zusätze:
...
3.1. Behandlungsstoffe für die Silage. Zu dieser Gruppe gehören nur die folgenden Stoffe:

Meersalz, rohes Steinsalz, Molke, Zucker, Zuckerrübenmelasse, Getreidemehl und Melassen;
bis zum 18. Oktober 2004 Enzyme, Hefen und Milchsäure-, Essigsäure-, Ameisensäure- und Propionsäurebakterien.
...

Grüße, Carsten
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Beitrag von Hephaistos » Sonntag, 17. Februar 2008 23:37

Hallo!

Dass ich momentan u.a. Stroh milchsauer vergären lasse, wisst ihr ja. Als ich heute (andere) Säcke mit Thai Auster beimpfte, ist mir leider etwas (ca. 2 Esslöffel) Körnerbrut auf den Boden gefallen. Entsorgen wollte ich die nun auch nicht. Also habe ich nun aus meinem Gärbehälter (wo es noch heftig gärt) mal ca. 1,5 L Stroh entnommen und mit diesen paar Körnern beimpft. Mal sehen wer den "Finalkampf" Bakterien vs. Pilze gewinnen wird.

Gruß,
Hary
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Beitrag von Mycelio » Montag, 18. Februar 2008 01:19

Hallo,


oh, oh, Körnerbrut und gärendes Substrat... Da werden jetzt die Milchsäurebakterien mit aller Macht versuchen, die Körner zu übernehmen... Das wird spannend...

Wundere mich ein bißchen, daß dein Versuch immer noch stark gärt. Hätte erwartet, daß sich der Eimer aufheizt und dann schnell durch ist.


Grüße, Carsten
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Beitrag von Hephaistos » Montag, 18. Februar 2008 11:17

Hallo nochmal!

Ja, das Ganze sollte sich auch nicht erwärmen:
wikipedia hat geschrieben:...Die Milchsäuregärung dient den Bakterien als Energiequelle. Die bei der Gärung frei werdende Energie wird zunächst in chemische Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP) umgewandelt, das als kurzfristiger Energiespeicher und als Energieüberträger fungiert ...

Zu trocken eingelagertes Siliergut führt zu einer nicht ausreichenden Verdichtung des Pflanzenmaterials des sogenannten Silostocks. In der Folge ist dadurch mehr Restsauerstoff in dem Stock vorhanden. Vor allem aerobe Hefen nutzen unter diesen Bedingungen Zucker zum Wachstum, was allerdings zunächst wenig Einfluss auf den pH-Wert hat, es sei denn, es ist zu wenig Zucker für die Milchsäuregärung vorhanden. Das Problem zu trocken eingelagerten Siliergutes ist vor allem bei Maissilagen oder Getreide-Ganzpflanzensilagen (GPS) zu erwarten, die ohnehin ausreichend Zucker haben. Sobald der Sauerstoff verbraucht ist, kommt das Wachstum der Hefen zum Stillstand. Der später durch die Milchsäuregärung verursachte niedrige pH-Wert tötet die Hefen nicht, sondern inaktiviert sie nur. Daher ist beim Öffnen des Silostockes mit weiterem Wachstum der Hefen zu rechnen. Wegen des hohen Hefe-Gehalts aufgrund des vorherigen ausgiebigen Wachstums vermehren sich die Hefen jetzt explosionsartig, da sie sich exponentiell vermehren, was zu einer Erwärmung der Silage führt (Nacherwärmung der Silage; geringe aerobe Stabilität). In warmem Siliergut sind gute Lebensbedingungen für coliforme Bakterien erreicht, die ihrerseits die Milchsäure in Buttersäure umwandeln, so den pH-Wert der Silage anheben und schließlich zum Verderb dieser führen.
Gruß, Hary
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Beitrag von Mycelio » Montag, 18. Februar 2008 13:39

Hallo,


gut, daß du es nochmal zitierst.
Dann sind also drei Sachen wichtig.
  • schnelles Absinken des PH-Wertes
  • schneller Verbrauch des Restsauerstoffs
  • genügend Feuchtigkeit
Die Feuchtigkeit dürfte bei unserer Unterwassergärung kein Problem darstellen.
Der PH sinkt bei Stroh sowieso recht schnell, ansonsten kann man ihn ja durch Zusätze senken, wie du es gemacht hast.

Kann man wohl irgendwie den noch vorhandenen Sauerstoff binden?


Grüße, Carsten
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