Liebe Gluckenfreunde,
dachtet ihr auch schonmal daran, dass euch ein Myzel verarscht? Wenn ich nicht wüsste, dass die Glucke ein schwieriger Fall ist, dem schnell mal irgendwelche Nährstoffe ausgehen, würde ich sie verdächtigen, mich hinters Licht führen zu wollen.
Aber gut, ich wollte ja berichten, was bei mir der Stand der Dinge ist.
Dank Dietmar und Maria kann ich nun auch mit dem Myzel herumexperimentieren, welches im Herbst 2019 von ABMkoch geklont und im Forum verteilt wurde. Vielen Dank auch an ihn, vielleicht schaut er ja irgendwann mal wieder bei uns rein.
Mein erstes Ziel war es, eine Agarmischung zu finden, auf der das Gluckenmyzel kräftig und vor allem sichtbar die Oberfläche besiedelt, ohne am Impfstück übermäßig zu wuchern. Dafür erschien es mir sinnvoll, wenig oder keinen Zucker einzusetzen, sowie Geers Hinweise bzgl. Haferflocken aufzugreifen. Also musste OYA her, bzw. Oat-Yeast-, bzw. Haferflocken-Hefeextrakt-Agar nach folgendem Rezept:
1000ml H2O
15g Agar-Agar
20g Haferflocken
2g Hefeextrakt
erweitert wegen zusätzlicher Mineralien:
+2g Kaffeepulver
Die wenigen Zutaten hatte ich sowieso schon, auch wenn die Haferflocken schon älter und der Hefeextrakt uralt und klumpig waren. Dummerweise hatte ich keinerlei Erfahrung mit der Herstellung von Nährböden, aber wer lässt sich schon von derlei Kleinigkeiten abschrecken?
Mein Tip: Wer Haferflocken zerkleinert, um sie besser auskochen zu können, sollte besser nicht vorhaben, die schleimige Brühe hinterher zu filtern.
Den Rest dieser Slapstick-Nummer erspare ich euch mal.
Vor genau drei Wochen konnte ich dann probeweise zwei OYA-Petris beimpfen, zum Vergleich zusätzlich eine fertig gekaufte mit Kimmig-Agar nach diesem Rezept:
1000ml H2O
15g Agar-Agar
15g Pepton
19g D(+)Glucose
1g Natriumchlorid
6,1g Glycerin (5ml)
Aufgrund mangelnder Erfahrung im Umgang mit Nährböden kam ich auf so schlaue Ideen wie:
- Wenn das Impfstück so hartnäckig am Skalpell klebt, kommt es eben kopfüber auf den Agar. Dann ist das Myzel auch gleich da, wo es hin soll.
- Andrücken schadet sicher nicht.
Nun... da mein OYA zwar fest wurde, aber dennoch sehr weich blieb, bog er sich leicht nach unten und es trat Flüssigkeit aus. So gelang es mir, das arme Gluckenmyzel zwischen zwei Agarschichten einzuklemmen und es gleichzeitig in einer Pfütze unter Wasser zu drücken. Was für ein Erfolg!
Seltsamerweise gefiel es den Hyphen dort nicht und es dauerte fünf Tage, bis sie ringsum aus dem Agar des Impfstückes wuchsen. Nur zwei Tage später fing das Myzel an, zu schwitzen
und brach ein paar Stunden später in sich zusammen. Da ich auch in der Petri, aus der ich überimpft hatte, um die Löcher herum ebenfalls Tröpfchen sah, war ich mir sicher, die Kultur irgendwie beim Überimpfen mit dem Skalpell verseucht zu haben. Während ich immer wieder nach Anzeichen von Bakterien suchte und keine fand, begann das Myzel auszuschwärmen und den neuen Agar fast unsichtbar zu überwachsen. Nach mehr als einer Woche verdichtete es sich im Zentrum.
Mittlerweile glaubte ich nicht mehr an eine Konti, sondern eher an ein Nährstoffproblem, wegen dem sich das Luftmyzel opfert, damit unten der Agar besiedelt werden kann. Zumindest hätte diese Idee eine gewisse Logik.
Gestern erblickte ich dann folgendes:

Die selbe Petri, zwei Tage Unterschied... äh... was zum Henker...
Hier kann ich mir nun absolut keinen Reim darauf machen. Künstlerisch begabte Milben, die an ausgewählten Stellen Hyphen fressen, waren jedenfalls nicht auszumachen.
Hat jemand so etwas schonmal gesehen oder eine Idee dazu?
Was auch immer da abgeht, dieser OYA scheint doch zu nährstoffarm zu sein, so dass sich das Gluckenmyzel seltsam verhält.
Auf dem Kimmig-Agar passierte nichts derartiges. Da ist das Myzel immer noch puschelig und beginnt gerade erst, die Fläche zu besiedeln.
Zwischendurch goss ich neue Nährböden nach einem erweiterten Rezept:
1000ml H2O
20g Agar-Agar
20g Haferflocken
10g Malzextrakt
10g Hefeextrakt
5g Pepton
4g Aktivkohle
Die wurden beim Abkühlen fester.
Als Ersatz für Pepton musste ein Proteinpulver für Sportler herhalten, leider verströmt das immer noch ein seltsam künstliches Erdbeeraroma... Von der Aktivkohle hatte ich Stücke im Mörser zerkleinert, um den Agar dunkler zu färben und feines Myzel besser sehen zu können.
Acht Tage nach der ersten Aktion wurden drei davon mit Agarstücken aus der ursprünglichen Petri beimpft.
Diesmal lagen die Impfstücke aber auf einer ihrer Seitenflächen und wurden nicht angedrückt. Ich bin ja durchaus lernfähig...
Hier gab es keinerlei Probleme. Die ersten Hyphen erschienen schon nach knapp zwei Tagen und die Flächenbesiedelung begann abenfalls viel früher als auf OYA.
Hauchdünnes Myzel wäre auf dem dunklen Nährboden gut zu erkennen gewesen, aber hier wächst es von Anfang an viel kräftiger.
Wenn jetzt nicht wieder etwas schräges passiert, wird das wohl mein Lieblingsagar für Glucken.
Das soll mal für heute reichen. Morgen schreibe ich mehr zu den kleinen Substratgläsern.
LG