
Ich möchte hier eine sehr simple aber sichere Methode vorstellen, wie man sich zu Hause mit einfachsten Mitteln sterile Plastikpetris gießen kann.
Gleich zu Beginn möchte ich betonen, dass die meisten Anleitungen dazu, die man im Internet finden kann, voller Fehler und unbewiesener Vorurteile sind. Die einzelnen Autoren haben einer vom anderen abgeschrieben und die einzelnen Angaben sind sehr oft schlicht und einfach falsch bzw. viele Angaben sind völlig übertrieben oder auch völlig unnötig. Keiner dieser Autoren hat sich die Mühe gemacht, einzelne Schritte zu überprüfen, ob sie wirklich experimentell haltbar sind. Manche Anleitungen sind oft auch veraltet und entsprechen keineswegs den heute zugänglichen Möglichkeiten.
Ich fange deshalb nicht wie üblich damit an aufzulisten, was man alles für die Methode braucht, sondern ich fange mit einer Aufzählung an die angibt, was man alles nicht braucht.
Man benötigt keinen Laminar Flow ("Reinstrombank", "Sterilbank"), keine Impfbox, kein Desinfektionsmittel, keine Handschuhe, keinen Mundschutz, man muss sich die Hände nicht waschen, das Arbeitszimmer muss nicht besonders sauber sein, usw., usw.
Immer wieder wurde und wird behauptet, dass alle diese Dinge zum sterilen Arbeiten notwendig sind. Blödsinn. Alles Vorurteile.
(Jene Maßnahmen mögen für den klinischen Bereich und in der gewerblichen Mikrobiologie und Forschung notwendig sein, sie sind es aber mit Sicherheit nicht in der nichtgewerblichen Hobbypilzzucht!)
Bei meiner Methode benötigt man nur einen normalen DDKT, einige Eprovetten, ev. eine (nichtsterile) Spritze zum genauen Dosieren des flüssigen MEA und sterile Plastikpetris wie sie im Versandhandel erhältlich sind oder vorher sterilisierte Glaspetrischalen.
Ich zeige hier mit einer Fotoreihe das Gießen kleiner, steriler Plastikpetris wie ich sie zum Versenden der Kulturen verwende.
Auch die normal großen Plastikpetris kann man auf die selbe Weise gießen. (Siehe unten.)
Die hier vorgestellte Methode kann man ganz leicht auf verschiedene Weise abwandeln und so seinen Bedürfnissen anpassen.
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Zunächst benötigt man bei meiner Methode eine Anzahl von Eprovetten. Sie sollten etwas länger als normal sein.
Hier sind Eprovetten mit einer Länge von 18 cm und einem Innendurchmesser von 1,5 cm dargestellt.

Weiters verwende ich eine 20 ml (unsterile, aber saubere) Spritze zum genauen Dosieren des Nährmediums.
In einem kleinen Glasgefäß habe ich MEA kochend erhitzt = verflüssigt.

Nun ziehe ich in die Spritze genau 20 ml des flüssig - heißen MEA auf ...

... und fülle 10 ml davon jeweils in eine Eprovette.

Im folgenden Foto sieht man 3 Eprovetten, die jeweils mit 10 ml MEA befüllt wurden:

Die befüllten Eprovetten werden mit einem Kappe aus Alufolie verschlossen.

Die 3 noch unsterilen Eprovetten liegen nach Erstarren des MEA flach auf der Tischplatte; sie sollten innerhalb von höchstens 6 Stunden sterilisiert werden:

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Das Sterilisieren im DDKT
Diese mit Alufolie verschlossenen Eprovetten, die jeweils 10 ml MEA enthalten stelle ich nun in eine Tasse um sie im Dampfdruck-Kochtopf (DDKT) zu sterilisieren.
Beim Sterilisieren im DDKT muss bei meiner Methode ein genaues "Ritual" eingehalten werden, um einen sicheren Erfolg zu garantieren.
Dafür gibt es einen speziellen Grund: man muss nämlich verhindern, dass sich (nach dem Sterilisieren) beim Abkühlen ein Unterdruck im DDKT bildet; denn falls sich ein Unterdruck bildet kommt es zu einem oft explosionsartigen Überkochen des Nährmediums in den Eprovetten, die Alufolie-Verschlüsse werden durch klebrige Nährlösung verschmutzt was ein späteres steriles Gießen der Platten sehr erschwert und außerdem fehlt das übergekochte Nährmedium später in der Petrischale.
Da es an einem üblichen DDKT, wie er in der Küche verwendet wird, meist keine genaue Druckanzeige gibt, muss man mit Tricks arbeiten um einen Unterdruck zu verhindern.
Je nach verwendeten Typ des DDKTs muss experimentell ermittelt werden, wann der Überdruck beim Abkühlen des DDKTs wieder dem Normaldruck der Umgebung entspricht. Genau in diesem Augenblick muss das Ventil des DDKTs geöffnet werden.
a.) Wenn man zu früh öffnet fällt der Druck im DDKT ruckartig ab, was zur Folge hat, dass die noch überhitzte Nährlösung in den Eprovetten zu kochen beginnt und überläuft.
b.) Wenn man zu spät öffnet ist der Druck im DDKT auch unter den Siedepunkt der Flüssigkeit in den Eprovetten gefallen mit dem selben Resultat wie vorher: die Flüssigkeit in den Eprovetten kocht über.
Um den richtigen Zeitpunkt experimentell zu bestimmen muss man seine Ohren benützen! Wenn man das Überdruckventil leicht öffnet hört man bei einem noch vorhandenen Überdruck ein Zischen beim Entweichen des Dampfes, oft (aber nicht immer) kann man den entweichenden Dampf auch sehen. Falls aber schon ein Unterdruck vorhanden ist hört man beim Antippen des Ventils ebenfalls ein Zischen, das beim Ansaugen der Außenluft entsteht. Dieses Zischen durch Ansaugen ist dem Zischen durch Überdruck ähnlich, unterscheidet sich aber wenn man genau hinhört. Der richtige Zeitpunkt ist genau dann erreicht, wenn sich gerade noch ein sehr leichtes Zischen durch Überdruck einstellt, das aber nur ein, zwei Sekunden lang dauern darf, sonst war der Zeitpunkt zu früh gewählt.
Das bedeutet: der Inhalt der Eprovetten muss sich langsam genug abkühlen, sodass der jeweilige Druck im DDKT ein Überkochen der Flüssigkeit in den Eprovetten verhindert oder mit anderen Worten: der DDKT muss sich langsamer abkühlen, als die Flüssigkeit in den Eprovetten.
Bei meinem DDKT ist dies der Fall, wenn ich den DDKT auf dem heißen Cerankochfeld stehen lasse und nur den Regler des Kochfelds auf "Strom-aus" drehe, also abschalte. Wenn ich dagegen den DDKT vom Kochfeld wegziehe, kühlt der DDKT zu schnell ab, der Druck im DDKT fällt zu schnell und es erfolgt ein Überkochen in den Eprovetten. Ich lasse den DDKT also auf dem heißen Ceranfeld stehen, schalte das Kochfeld auf "aus" und lasse abkühlen.
Die Geschwindigkeit dieses Abkühlens des DDKTs hängt nun aber auch davon ab, wieviel Wasser ich zuvor in den DDKT eingefüllt hatte: je mehr Wasser umso mehr Wärme ist im System gespeichert und umso langsamer kühlt der DDKT ab.
Nach einigem experimentellen Hin und Her habe ich für mein System bestimmt, dass wenn ich zu Beginn der Sterilisation den DDKT mit 700 ml Wasser befülle er genau 15 Minuten Abkühlzeit auf dem Ceranfeld benötigt, bis der Druckausgleich (Innendruck = Außendruck) erreicht ist. Ich stelle mir dazu die Alarmfunktion auf meinem Handy (countdown) beim Abschalten des Ceranfeldes auf 15 Minuten. Sobald die 15 Minuten um sind öffne ich ganz vorsichtig das Überdruckventil und lasse eine ganz winzige Überdruckmenge ab, die noch vorhanden ist und öffne dann den Deckel des DDKTs. (Vorsicht sehr heißer Dampf!)
Diesen genauen Zeitpunkt muss jeder für seinen eigenen DDKT selbst rausfinden. Er sollte um ca. 15 Minuten Abkühlzeit liegen, dann haben die Eprovetten genügend Zeit um langsam genug abzukühlen. Durch mehr oder weniger Wasser im DDKT kann diese Abkühlzeit verlängert oder verkürzt werden; jeder sollte die für sich angenehmste Zeitdauer bzw. Wassermenge ermitteln und einstellen.
In der Folge warte ich nach dem Öffnen des DDKTs weitere 5 Minuten, und setze dann die Eprovetten, die nun ohne Probleme an den flüssigkeitsfreien Stellen anzugreifen sind, in eine kalte Tasse um und lasse sie dann auf dem Arbeitstisch weiter abkühlen. Und zwar genau weitere 9 Minuten, dann sind sie genau richtig zum Ausgießen, also handwarm aber immer noch flüssig genug, damit man sie ausgießen kann.
Mein "Ritual" zum Sterilisieren läuft also folgendermaßen ab:
1.) Befüllen des DDKTs mit 700 ml Wasser.
2.) Hineinstellen der Eprovetten (die ich in eine Tasse stelle).
3.) Aufheizen
4.) Sterilisieren wie üblich bei Überdruck 20 Minuten lang.
5.) Abschalten des Ceran Kochfeldes + 15 Minuten auf dem Timer einstellen.
6.) Präzise 15 Minuten später: vorsichtiges Prüfen, restlichen minimalen(!) Überdruck ablassen, Deckel öffnen.
7.) 5 Minuten später heiße Eprovetten in kalte Tasse(n) umstellen, auf den Arbeitstisch stellen, weiter abkühlen lassen.
8.) 8 - 9 Minuten später: gießen der Petrischalen.
Der Vorteil dieses Rituals: wenn alle Komponenten gleich bleiben, stimmen die Zeitangaben für mein System fast auf die Sekunde genau und bleiben bei jeder solchen Sterilisation die selben! Man kann sich 100%-ig darauf verlassen. (Bei Gasbeheizung des DDKTs kann man wahrscheinlich keine so genaue Zeiten ermitteln ...)
Diese schriftliche Beschreibung klingt wahrscheinlich sehr viel komplizierter als der wirkliche Vorgang ist.
Der ganze Vorgang ist in der Praxis wirklich sehr einfach.
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Auf dem folgenden Foto sieht man 2 Eprovetten mit noch flüssigem Inhalt nach dem Sterilisieren im DDKT beim weiteren Abkühlen auf dem Arbeitstisch (Schritt-7):

Während die Nährlösung in den Eprovetten weiter abkühlt werden die sterilen Petrischalen vorbereitet:

Petrischalen schön hintereinander aufreihen:

Nun wird jeweils mit der rechten Hand eine Eprovette am unteren Ende genommen, mit der linken Hand wird (ohne Scheu aber zügig) die Alufolie-Kappe abgenommen, dann mit der linken Hand der Deckel der Petrischale etwas angehoben, und der Inhalt der Eprovette in die Petrischale gegossen, möglichst ohne mit der Eprovette den Deckel oder Rand der Petrischale zu berühren.
(Falls man bei fehlender Übung anfangs manchmal die Ränder etwas berührt, macht das im Normalfall auch nichts.)
Nach dem Gießen die Petrischale sofort wieder verschließen. Nicht überhastet oder nervös sondern ganz ruhig und zügig arbeiten.

Hier 3 gegossene Petris die man nun bis zum Erstarren abkühlen lässt.
(Wie man sieht hat sich fast kein Kondenswasser auf dem Deckel der Petris gebildet !)
Die fertigen Petrischalen kann man mit einem Gummiband verschließen um ein irrtümliches Öffnen oder Auseinanderfallen zu verhindern:

Fertig !
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Resümee: diese Methode hat sich bei mir sehr gut bewährt.
Vorteil: jede einzelne Petrischale enthält genau die gewünschte Menge MEA. Falls eine Eprovette ausnahmsweise wirklich einmal kontaminiert sein sollte, dann ist davon nur eine einzige Petrischale betroffen. (Kommt sehr selten vor.)
Resultat: bei mir sehr gut ! Nur sehr, sehr selten ist mal eine Petri kontaminiert, wobei die Kontamination eher noch beim Beimpfen mit der Rein-Kultur und seltener beim Gießen dazukommt. Ich schätze, dass von 100 gegossenen Petrischalen vielleicht 2-3 kontaminiert sind (höchstens 1 von 20 oder weniger). Und das ohne Laminar flow, Impfbox, Desinfektionsmittel, usw. usw.
Wenn ich eine größere Petrischale gieße, dann nehme ich einfach 2 Eprovetten gleichzeitig in die Hand um sie gleichzeitig in eine normal große (10 cm) Petrischale zu gießen (genau 20 ml). Man kann die Eprovetten auch jeweils mit 20 ml MEA befüllen und sterilisieren, allerdings kommt dann ein Überkochen öfter vor (mehr Masse in der Eprovette, langsameres Abkühlen). Die Eprovetten werden bei der obigen Methode mit Absicht mit nur wenig Flüssigkeit befüllt, denn wenn nur das unterste Drittel der Eprovette befüllt ist, dann kühlt diese schneller ab und falls es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einer einmaligen kurzen Kochblasenbildung in der Eprovette kommt, dann kocht sie nicht über (hoffentlich).
Nach dieser Anleitung kann sich jetzt jeder ähnliche Methoden bzw. Abwandlungen selbst ausdenken. Man kann mehr Medium in eine kleine Flasche füllen und "nach Gefühl" nach dem Sterilisieren in die einzelnen Petrischalen gießen. Mit etwas Übung sind die Schwankungen der Substratmenge in den einzelnen Petrischalen nicht besonders groß.
Ich bevorzuge allerdings die hier beschriebene, präzise Methode.
Freundliche Grüße von Andre.
(P.S.: Für fortgeschrittene Züchter mit größerem Autoklav und Laminar Flow gibt es allerdings eine bessere und wesentlich effizientere Methode. Das war hier aber nicht das Thema ...)