Du hast absolut Recht! Und ich finds cool, dass du dich damit beschäftigst
Geklontes Mycel wächst immer weiter und je länger es wächst, desto mehr Mutationen sammeln sich an, desto mehr degeneriert der Stamm. Fehler entstehen bei der Zellteilung, bei der die DNA ja vervielfältigt werden muss. Um das zu verhindern gibt es wohl mehrere Ansätze:
1. Sporen: Nur wenn man den Weg über Sporen wählt, ist der daraus gewachsene Pilz durch geschlechtliche Fortpflanzung entstanden. Das bedeutet aber auch, dass es zu einem Austausch von genetischem Material gekommen ist (das meint Fachliteratur mit Rekombination). Damit ist der Tochterpilz nicht mehr derselbe wie der Mutterpilz und kann auch andere Eigenschaften haben. Deshalb wird dieser Weg von professionellen Brutanbietern wohl eher nicht gewählt. Als Hobbyzüchter kann man sich damit beschäftigen, wenn man echte Züchtung betreiben will. Beispiel: Ich kaufe Austernpilzbrut und beimpfe damit Nadelholz. Einige wenige FK wachsen. Ich nehme einen Sporenabdruck und mache damit wieder Brut, beimpfe wieder einen Nadelbaum. Wenn man das mehrfach wiederholt, kann man davon ausgehen, dass der Ertrag immer besser werden wird weil sich der Strain an den Nadelbaum anpasst.
Auf eines muss man aber auchnoch hinweisen, mir scheint als wäre das vielen Hobbyzüchtern nicht bewusst. Ein Sporenabdruck ist eine Mischung aus tausenden Strains. Weil einzelne Sporen genetisch unterschiedlich sind. Genauso wie zweieiige Zwillinge nicht gleich sind. Wenn man Brut direkt aus einem Sporenabdruck gewinnt, hat man verschiedene genetische Hintergründe in einem Glas. Profis machen sogenannte
single spore isolates. Die gewinnt man indem man ein Stück (oberflächensterilisiertes), sporentragendes Gewebe über eine Petrischale rollt. Dabei fallen Sporen herunter und keimen aus. Wenn man Glück hat und schnell ist (solche Platten sind immer kontaminiert), kann man eine auswachsende Einzelspore isolieren. Ohne Binokular ist das aber schwierig...
2. +/- kühl lagern: Die beste Variante ist natürlich Flüssigstickstoff. Wenn man ernsthaft Brut anbieten will, solllte man in diese Infrastruktur auch investieren. Wenn man das nicht zur Verfügung hat wird man wohl mit Schrägaragrröhrchen arbeiten. Warum? Für die kleine Agarfläche muss der Pilz nicht viel wachsen. Also wenige Zellteilungen hinter sich bringen. Außerdem kann man die Röhrchen lange lagern, dh man muss selten überimpfen. Allerdings wird auch eine Schrägagar-Stammsammlung die 1x pro Jahr überimpft wird und im Kühlschrank gelagert wird nach 20 Jahren genetisch nicht mehr dasselbe sein wie am Anfang.
Für den Hobbyzüchter und auch für den kleinen gewerblichen Züchter ist eine Schrägagar-Stammsammlung aber meiner Meinung nach mehr als ausreichend. Wir auf der BOKU machen das auch so, wir haben unsere Stammsammlung von Phytopathogenen Pilzen auch auf Schrägagar. Manchmal isolieren wir neue Strains von infiziertem Pflanzenmaterial.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich für meine Pilzzucht eine eigene Stammsammlung machen will oder Mutterkulturen bzw. Petris kaufen. Angesichts des doch erheblichen Aufwands (du musst das ja alles auch katalogisieren, regelmäßig kontrollieren und pflegen) sind die Reinkulturen garnicht so teuer. Wenn man sich für diese Variante entscheidet, würde ich aber darauf schauen bei einem möglichst professionellen Brutanbieter zu kaufen. Also bei einem, der eine Flüssigstickstoff-Stammsammlung hat und die Stämme regelmäßig selektiert. Maria weiß eh wen ich damit meine

. Ich glaube nicht, dass jeder kleine Pilzbrut-Onlineshop eine anständige Stammsammlung hat. Die meisten kleinen, die von Hobbyzüchtern gegründet wurden arbeiten wohl auch mit Schrägagar.