Der Markt:
Meine Kunden sind Hotels und Restaurants (lebe in einer Tourismusregion). Bisher gingen die Pilze weg wie warme Semmeln, das Feedback war stets ermutigend und positiv. Der Austausch mit den Köchen ist meiner Meinung nach absolut wichtig, so kriegt man immer wieder Anregungen was Größe, Geschmack und Konsistenz angeht. Mögliche Konkurrenten konnte ich bisher nicht ausmachen. Falls dann doch mal mehr Austernpilze auf den Markt kämen mach ich mir keine Sorgen, da man sich durch das Eingehen auf die Wünsche der Köche stark von den Großproduzenten abhebt. Im Verkauf an Händler und Großabnehmer sehe ich zumindest für Einsteiger und kleine Pilzzuchten keine realistische Chance Fuß zu fassen.
Produktion der Säcke:
Der 1000l IBC Tank wird mit Stroh befüllt und das Stroh mit Ziegeln beschwert, damit es nicht aufschwimmt. Dann flute ich den Tank mit übersättigter Kalkhydratlösung (4kg Kalkhydrat auf 1000 kg Wasser) und lasse das Stroh 12h einweichen. Anschließend lasse ich das Wasser abfließen und warte eine Stunde, bis das Stroh abgetropft ist. Das Stroh kommt dann ins Fass, wird mit 2% Gips (bezogen auf das TG des Strohs) übergossen und wird bis auf Siedetemperatur gedämpft.
Ab hier muss so sauber wie möglich gearbeitet werden. Wanne und Handschuhe werden mit 70% Ethanol abgewischt. Danach nehme ich das Stroh aus dem Fass, breite es auf der Wanne aus und warte, bis es ausreichend abgekühlt ist. Beimpft wird mit 10% Körnerbrut (TG Körnerbrut / TG Stroh). Dann fülle ich das Ganze in den Sack, mit einem Stab drücke ich das Substrat so dicht wie möglich. Ist der Sack voll, wird er abwechselnd auf den Boden geschlagen und mit den Händen verdichtet, bis sich das Substrat nicht mehr komprimieren lässt. Dann ein Knopf, so dicht anliegend wie möglich. Mit einem Nagel steche ich rund 50-100 Löcher gleichmäßig verteilt, und ab mit dem Sack in den Inkubationsraum.
Anmerkungen:
- In der Fachliteratur wird darauf hingewiesen, dass Stroh max. bei 75°C pasteurisiert werden soll, weil sonst die gutartigen Mikroorganismen absterben. Konnte ich so nicht feststellen. Zum einen neigen dann die Säcke zu Kontaminationen, das Myzelwachstum ist schwächer und der Ertrag fällt niedriger aus. Erhitzen bis zum Siedepunkt hat sich für mich bewährt. Was genau solche gutartigen Mikroorganismen leisten sollen, ist mir schleierhaft. Ist wohl Ökoromantik.
- Die Schlauchfolie sollte min. 0,1mm stark sein, sonst sticht das Stroh durch. Beim Abfüllen kam es regelmäßig vor, dass die Schlauchfolie an den Faltlinien aufplatzte. Seitdem verstärke ich die Falten vor dem Befüllen mit Klebeband. Ist sehr umständlich, also beim Kauf auf die Qualität der Folie achten. Die Schlauchfolie ist 1m breit bzw. 32 cm im Durchmesser. Größer würde ich die Folie nicht nehmen. Der Pilz produziert seine eigene Abwärme, was dazu führt, dass die Kerntemperatur steigt. Über 30°C scheint die Kerntemperatur nicht zu steigen, da reguliert der Pilz dann wohl den Stoffwechsel runter. Anaeroben Kern konnte ich keinen feststellen. Der Pilz scheint sich im Kernbereich der Säcke jedenfalls recht wohl zu fühlen, er wächst dort schneller durch als im äußeren Bereich.
- Das Stroh beziehe ich von einem Bauern (400kg Quaderballen, gehäckselt), der verwendet es als Einstreu.
- Mit 2% Gips erscheint das Myzel in sattem weiß. Erhöhte bei mir die Durchwachgeschwindigkeit minimal. Ohne Gips wirkt das Myzel etwas dünn.
- Das Einweichen in der Kalkhydratlösung hat zum Zweck, den ph-Wert des Substrates zu erhöhen. Das hemmt die Entwicklung von Kontis und verschafft dem Pilz zusätzlichen Vorsprung für die Besiedelung. Bei der unsterilen Methode hat man so mehr Spielraum für die variierende Keimbelastung (Staub in der Raumluft, schmutzige Kleidung, Fehler). Auf das Myzelwachstum hat sich der hohe ph-Wert nicht negativ ausgewirkt. Ohne eine Erhöhung des ph-Wertes kam es ab und an mal vor, dass sich im Stroh stellenweise Bakterien breit gemacht haben, wo der Pilz dann nur zögerlich einwuchs. Das Ergebnis waren unregelmäßig besiedelte Säcke. Solche Säcke sind dann nicht mehr zu gebrauchen, weil der Ertrag sinkt, weil man im Zeitplan durcheinander kommt und weil man kontaminiertes Substrat nicht im Fruchtungsraum haben will. Das Kalkhydrat sollte möglichst rein sein (CL-90). Magnesiumoxid hemmt das Myzelwachstum.
- Es soll wohl ausreichend sein, Stroh zu pasteurisieren, indem man es 12-16h in einer Lauge einweicht. Nach mehreren Versuchen (10kg Holzasche auf 1000kg Wasser, 7kg Kylkhydrat auf 1000l Wasser) hab ich das nicht weiter verfolgt. Beim Einweichen mit Kalkhydrat hat sich an einigen wenigen Stellen Trichoderma breit gemacht. Rund 50% der Säcke waren kontaminiert. Wenn man sehr sauber arbeitet könnte es ev. funktionieren. Bei Asche gab’s starke Kontis durch Bakterien und Schimmelpilze, der Pilz starb mit der Zeit ab. Ich vermute das hat damit zu tun, dass die Asche, welche ja aus verschiedenen Oxiden und Begleitstoffen besteht, im Gegensatz zu reinem Kalkhydrat den ph-Wert im Substrat nicht hoch genug steigen lässt und das Substrat durch die Asche zu nährstoffreich wird (Phosphor und Kalium).
- Aktuell versuche ich den Ertrag durch Harnstoff zu steigern. Dazu fand ich eine Publikation (welche weiß ich nicht mehr), wo es heißt, dass 0,1% (auf das TG Stroh), also 1g pro kg, optimal sein sollen, ab 0,5% stirbt der Pilz. Zweiteres kann ich bereits bestätigen, ein Versuch mit 1,5% ging voll daneben. Der Harnstoff muss nach dem Erhitzen beigemischt werden, sonst zersetzt er sich und verschiebt den ph-Wert.
- Insgesamt ist das Herstellen der Säcke eine riesen Warterei, bis das Substrat erhitzt ist und bis es wieder abgekühlt ist. Aktuell brauche ich für einen Sack 1 Stunde bis das Stroh Siedetemperatur hat und 20 Minuten bis es abgekühlt ist, gibt mit Beimpfen und Abfüllen rund 1,5h pro Sack. Mit Kalk kalkt zu pasteurisieren würde den Aufwand deutlich reduzieren, hatte aber zu viele Kontis.
Inkubation:
Die Säcke werden liegend gestapelt, mit Luft dazwischen, damit die Wärme einigermaßen entweichen kann. Die Lufttemperatur beträgt 18°C, Kerntemperatur der Säcke bei 27-30°C. Auf die Luftfeuchtigkeit achte ich nicht, in den Säcken beträgt sie ohnehin 100%. Der Flüssigkeitsverlust durch die rund 100 Löcher ist minimal. Durchwachszeit ist 14 Tage, dann lasse ich die Säcke zusätzliche 5 Tage liegen. Hat damit zu tun, dass die 1. Welle dann früher da ist. Als ich die Säcke zeitig in den Fruchtungsraum gab, brauchte die Primordienbildung rund eine Woche länger. Anfangs lagerte ich die Säcke stehend, hatte aber zur Folge, dass sich unten Wasser sammelte und oben das Substrat zu trocken wurde.
Fruchtung:
Beim Fruchtungsraum handelt es sich um einen Beton-Keller mit den Maßen 7m*1m und 2,5m hoch. Der Keller wurde zur besseren Hygiene mit Kalk ausgepinselt und ein PVC Boden reingelegt. Die Zuluft ist mit einem Fliegengitter abgesichert und zusätzlich hab ich einen Wachsstreifen für Fliegen aufgehängt. Bisher hatte ich keine Probleme mit Schädlingen, das wird wohl an der niedrigen Temperatur (10°C) liegen. Um mehr Ertrag pro Zeit zu haben, werde ich in Zukunft heizen. Davon werden aber vermutlich auch Insekten und Kontis profitieren. Ob man dann weiterhin nach und nach Säcke reinbringen kann, oder man nach jedem Zyklus den Raum desinfizieren muss, wird sich zeigen.
Von den Säcken ernte ich 3 Wellen, insgesamt 70% BE. Der Abstand zwischen den Wellen variiert je nach Temperatur zwischen 10 und 25 Tagen. Momentane Produktionsmenge 5 kg Winteraustern pro Sack (2,2+1,5+1,1 kg) verteilt auf rund 2 Monate.
Fruchtungsbedingungen:
- Die Temperatur beträgt im Sommer 14°C, im Spätwinter und Frühjahr leider nur mehr 7-10°C. Das Wachstum ist bei den tiefen Temperaturen zwar noch vorhanden, aber läuft doch sehr schleppend. Nächste Investition wird ein Heizlüfter mit 2kW, damit will ich auf 15°C heizen. Da ich nach und nach neue Säcke reinbringe, muss ich die maximale Temperatur für die Primordienbildung einhalten. Wird mit 16°C angegeben, mal sehen wie sehr sich das ausreizen lässt.
- Die Feuchtigkeit halte ich bei 85-90%. Da die Raumluft über einen nassen Kellerraum angesaugt wird, brauche ich keinen Befeuchter. Besprühen tue ich die Pilze nicht, ist meiner Meinung nach überflüssig und fördert Kontis.
- Zum Lüften reicht ein PC-Lüfter mit 90m³/h, ergibt dann rund 5 Raumluftwechsel. Trotzdem hatte ich lange Stiele. Also kaufte ich mir einen 100W Lüfter, der mehrmals die Stunde anspringt und ordentlich durchbläst. Seitdem wunderschöne Trauben. Der Austernpilz braucht wohl neben den obligatorischen 4-6 Raumluftwechsel eine Luftumwälzung.
- Als Beleuchtung hab ich auf diesen 7 m² Grundfläche 4 LED Lampen 4000K a 12,5W und 2 LED Lampen a 18W. Ist wahrscheinlich überdimensioniert, aber negativ hat sich die Beleuchtungsstärke nicht ausgewirkt. An den Angaben der Lux sollte man sich nicht aufhängen, zumal jeder Pilz einen anderen Abstand zum Leuchtmittel hat und auch mal im Lichtschatten liegen kann. Einfach ausprobieren, zu viel Licht wird gut und gerne toleriert, die Farbe der Hüte wird auch intensiver.
Lagerung der Säcke:
Nun, da bin ich noch etwas unentschlossen, ob ich die Säcke vertikal oder horizontal lagern soll. Horizontal kann man auf jeden Fall mehr Säcke unterbringen, im Prinzip kann man die ganze Wandfläche vollpflastern oder in großen Räumen eben in Doppelreihen aufstocken. Der Flüssigkeitshaushalt im Sack ist auch besser. Aber die Folie ist nicht unter Zugspannung, sie liegt nicht dicht am Substrat an, und dann bilden sich die Primordien nicht an den Löchern und können unter der Folie verkrüppeln.
Ausrüstung:
Pasteurisationseinheit:
Ein normales Ölfass wurde mit einem 2000W Heizelement einer Waschmaschine bestückt. Das Fass wird mit 4 cm druckfesten XPS Platten verkleidet, um den Wärmeverlust zu verringern. Zur Regelung der Temperatur kann man die Pasteurisationseinheit über einen Thermostat laufen lassen. Aus Sicherheitsgründen (Stromschlag, Kurzschluss, Überhitzung und Entzündung, Dampfdruck muss entweichen etc.) sollte man Ahnung haben von dem, was man sich zusammenbaut.
Mögliche Verbesserungen:
- Das Ölfass rostet an der Innenseite sehr stark und dürfte nach 1-2 Jahren kaputt sein. Der Rost ist sehr nervig, lagert sich ab und fliegt umher. Hier würde sich ein Edelstahlfass oder eine Palettenbox aus PP (einige 100€) anbieten.
- Mit einem Schwimmer könnte man kontinuierlich Wasser nachfließen lassen, sodass das Heizelement nie trocken läuft und nie nachgefüllt werden muss.
Tisch zum Abfüllen:
Im Grunde geht es darum, eine abwischbare Wanne mit Loch zu haben. Dazu hab ich mir einen Tisch zusammengeschraubt und von oben eine Blechwanne eingebaut. Diese hat ein Loch. In das Loch kommt ein äußerer Kunststoffring (Eimer mit abgeschnittenem Boden).Dann wird die Schlauchfolie von unten durchgesteckt und von oben ein innerer Kunststoffring, der minimal kleiner ist als der äußere, in die Schlauchfolie eingeführt und auf den unteren Kunststoffring gedrückt. So ist die Schlauchfolie eingeklemmt und es kann abgefüllt werden. Die Unterkante der Wanne ist 1,10m hoch, so kann ich 1m lange Substratsäcke abfüllen.
Abschließendes Wort zum bürokratischen Wahnsinn:
Wir sollten uns nicht verrückt machen lassen, denn im Grunde tut man nichts schlechtes, auch wenn den Herren im Staatsdienst immer gleich 5 Richtlinien einfallen, gegen die man verstößt. Ich halte es generell so, dass ich erst mache, und dann irgendwann meldet sich schon einer der Papierstapler wenn er was will. Bloß nicht umgekehrt an die Sache ran gehen, also erst fragen was man darf und dann machen. Da wird man nicht glücklich. Natürlich muss man die grundsätzlichen Regeln wie Steuern, Hygiene usw. einhalten, sonst wirds schnell teuer.
Runde frei für Fragen, Verbesserungsvorschläge und Tipps!
