Hephaistos hat geschrieben:Man hört ja häufig, dass Substratblöcke zu feucht wären und dadurch das Mycel absäuft. Warum wächst es dann in flüssigen Nährmedien? Hary
Die Antwort von Fritz ist korrekt.
Staunässe bei der Pilzzucht ist das selbe Problem wie Staunässe bei Pflanzen.
Es entwickelt sich in der Zone der Staunässe sehr schnell ein anaerober Bereich, also ein Bereich in dem kein Sauerstoff mehr vorhanden ist. Das kann sehr schnell passieren: bei Blumen auf der Fensterbank reicht es oft schon, wenn man im Untersetzer Wasser zu lange stehen lässt. Die Wurzeln beginnen dann abzusterben und zu faulen. Die Fäule kann sich ausbreiten und manchmal geht die Pflanze ein.
Wie schnell das passiert, kann man selbst austesten, wenn man die Nitratteststäbchen von Merck verwendet. Diese haben oberhalb der Nitr
attestzone auch eine Nitr
ittestzone, die sich rot verfärbt, wenn Nitrit vorhanden ist.
Wie funktioniert das?
Wenn kein Sauerstoff vorhanden ist, wachsen ganz andere Mikroorganismen: die sog. anaeroben Mikroorganismen, also solche, die auch ohne Sauerstoff leben können. Um Energie zu gewinnen, setzen diese energiereiche Stoffe in weniger energiereiche Stoffe um, zum Beispiel Nitrat zu Nitrit. Dabei wird Energie frei, die diese Mikroorganismen zum Leben brauchen. Ist Sauerstoff vorhanden, wird kein Nitrit gebildet. Deshalb verwendet man diesen Test um einen Sauerstoffmangel bei Topfpflanzen nachzuweisen.
Sobald Nitrit gebildet wird, leidet die Pflanze unter Staunässe, oder schlechtem, sauerstoffarmen Boden.
Bei manchen Böden reichen 3, 4 Tage Wasser im Untersetzer und schon gehts mit der Nitritbildung los.
Nun zu den Submerskulturen ("Flüssigmyzel"):
In flüssigen Nährmedien können aerobe (also sauerstoffbedürftige) Pilze nur leben, wenn genügend Sauerstoff in der Kulturflüssigkeit vorhanden ist.
Solange das Volumen der Kulturflüssigkeit klein ist, gelangt durch Gasaustausch genügend Luft und damit Sauerstoff in die Flüssigkeit: der Pilz kann also leben.
Wenn das Volumen der Kulturflüssigkeit steigt, dann ist bald der Punkt erreicht, an dem der Pilz mehr Sauerstoff verbraucht, als von der Umgebungsluft nachgeliefert werden kann. Die Austauschfläche (Oberfläche) zwischen Flüssigkeit und Luft wächst nämlich sehr viel langsamer, als das Volumen der Kulturflüssigkeit. Der Pilz beginnt unter Sauerstoffmangel zu leiden und wächst immer schlechter bis fast gar nicht mehr. Nur an den Stellen, die in der Nähe zur Wasseroberfläche sind, kann man meist noch etwas Wachstum erkennen.
Als Gegenmaßnahme muss man die Kulturflüssigkeit belüften (wie schon früher gesagt), und zwar umso stärker, je mehr Substratvolumen man hat.
Du kannst es auch beim Unterschied zwischen großen und kleinen Organismen sehen: sehr kleine Lebewesen benötigen kein Sauerstoffversorgungssystem. Sie nehmen den notwendigen Sauerstoff über die Haut bzw. über die Zellaußenhülle auf und das reicht. Je größer ein Organismus wird (= mehr Volumen im Verhältnis zur Oberfläche) umso ausgefeilter muss das Versorgungssystem mit Sauerstoff werden. Höhere = größere Organismen entwickeln deshalb ein Blutgefäßsystem, das den Sauerstoff sehr effizient mit Sauerstoff bindenden Molekülen (Hämoglobin) im ganzen Volumen des Organismus verteilt. Bei lebenden Pflanzen wird derselbe Zweck durch wesentlich geringeres Volumen (Blätter) + ausgefeiltes Luftversorgungssystem in den Leitungsbahnen (der Äste, Stämme) erreicht.
Pilze haben das Problem elegant gelöst: ihr "Volumen" besteht aus sehr vielen einzelnen Pilzfäden deren Oberfläche insgesamt riesig ist, sodass sie immer genügen Sauerstoff aufnehmen können (bzw. CO2 abgeben). Das funktioniert aber nur, solange keine Staunässe vorhanden ist.
Schöne Grüße von Andre.
PS.:
Stamets sagt zum Thema, dass kondensiertes Wasser immer ein Problem darstellt, weil sich ev. vorhandene Bakterien in den Wassertröpfchen wie verrückt vermehren und so die ganze Kultur verderben können.